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Ach, Aston!

Die ewig gleiche Leier

Der DB7, nach schwerer Geburtsphase 1994 auf Basis der schon eher ältlichen XJ-Mark-1-Bodengruppe auf den Markt gekommen, war ein wahrhaft ganz neuer Aston Martin. Wieder mit sechs Zylindern, nach mehr als 20 Jahren V8, ursprünglich wohl noch bei Jaguar gezeichnet von Keith Hallet, aber zum Aston gemacht dann von Ian Callum, war der DB7 so etwas wie die Wiedergeburt der englischen Traditionsmarke. Es ist in den vergangenen 36 Jahren viel, vielleicht zu viel passiert bei Aston, Ford kam, Ford ging, die Geschäftsführer und auch die Hauptaktionäre gaben sich dann die Klinke in die Hand – und irgendwie sehen alle Aston Martin (mit Ausnahme des Cygnet, der ein Toyota war, und des SUV DBX) seit dem Hallet/Callum-Entwurf gleich aus. DB9, DB11, DBS, Virage, Vantage, DBS, alles gleich – und jetzt auch noch der DB12, ein etwas feisterer DB11, also als weitere Evolution des DB7. Sorry, ich weiss nicht, ob das nur mir so geht, aber ich kann das Zeux nicht voneinander unterscheiden.

Das Problem ist: Probleme ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte von Aston Martin. Gegründet worden war die Marke 1913 von den Herren Lionel Martin und Robert Bamford und hiess zuerst Bamford & Martin Ltd. Weil nun aber Lionel Martin gern Bergrennen fuhr, und das am liebsten am Aston Hill bei Aston Clinton, beschlossen die Herren, die Marke 1914 in Aston Martin umzutaufen. Und 1915 bauten sie dann auch tatsächlich ihr erstes Auto. Das heisst, sie pflanzten einen Coventry-Simplex-Motor in das Chassis eines schon älteren Isotta-Fraschini ein. Und dann ging mal länger gar nichts mehr, denn Martin und Bamford zogen in den 1. Weltkrieg. 1924 war die Firma erstmals pleite, und wurde von einer gewissen Lady Charnwood als Spielzeug für ihren Sohn gekauft, der Aston Martin aber schon 1925 erneut an die Wand fuhr. Zwischen 1927 und 1937 hatte die abermals neu gegründete Marke, die nun endgültig Aston Martin Motors hiess, ein kleines Hoch. Dies dank Augustus Bertelli, der nicht nur ein begabter Konstrukteur war, sondern auch ein gefürchteter Rennfahrer. Doch die finanziellen Probleme waren eigentlich das Markenzeichen von Aston Martin in jenen Vorkriegsjahren, die Besitzer wechselten deutlich schneller als die Modelle, und so baute Aston Martin bis zum Ausbruch des 2. Weltkriegs bloss etwa 700 Fahrzeuge.

1947 ging dann alles von vorne los. David Brown hatte als Traktoren-Hersteller während des Krieges ein Vermögen gemacht, und er kaufte nach dem Krieg sowohl Aston Martin (für 20’000 Pfund; es heisst, er habe auf eine Zeitungsannonce geantwortet) wie auch Lagonda (für 52’000 Pfund, damit die Wertschätzung auch gleich klar ist). Aston Martin hatte ab 1939 bereits an einem neuen Modell namens Atom gearbeitet, doch selbstverständlich kein Geld gehabt für die weitere Entwicklung. 1948 wurde die Produktion dieses Wagens aufgenommen, der als 2-Litre-Sports bekannt wurde. Und auch als Drophead Coupé bekannt ist. Und heute gern als DB1 bezeichnet wird, DB für David Brown; 16 Stück sollen gebaut worden sein. Doch DB hatte andere Pläne. Bei Lagonda stand ihm der bereits legendäre «Six» zur Verfügung, ein 2,6-Liter-Reihensechszylinder, der vom grossartigen W.O. Bentley konstruiert worden und schon vor dem Krieg auf 120 bis 150 PS gekommen war. Und diesen Motor, leicht gedämpft in der Leistung, liess er nun in das absolut taugliche Fahrwerk des Atom einbauen. 1949 startete der Prototyp des neuen Fahrzeugs, DB2 genannt, bei den 24 Stunden von Le Mans, basierend auf dem von Claude Hill konstruierten Rohrrahmen und versehen mit einer Coupé-Karosse aus Aluminium, die Frank Feeley gezeichnet hatte. Nach sechs Runden war das Rennen aber bereits vorbei.

Doch es folgte eine gute Zeit, eben DB2, dann DB 2/4, DB4, DB5, DB6, die Rennfahrzeuge, der Le-Mans-Sieg 1959, der DBS, später der V8. Dessen Entwicklung dazu führte, dass David Brown, der die ganzen Jahre nie Geld verdient hatte, weder mit Aston Martin und erst recht nicht mit Lagonda, das Unternehmen 1973 verkaufen musste. Es heisst: für 100 Pfund. Dann wurde es erst recht wirr: Die neuen Besitzer, ein Konsortium von Geschäftsmännern aus Birmingham mit dem phantasievollen Namen Company Developments, hatten kein glückliches Händchen, schon im Laufe des Jahres 1974 ging ihnen das Geld aus, am 30. Dezember 1974 musste ein Konkursverwalter eingesetzt werden. Mitte 1975 kam dann die Rettung in Form von Peter Sprague, einem amerikanischen Unternehmensberater, und dem Kanadier George Minden, eigentlich Hotel-Besitzer und Rolls-Royce-Händler. Sie wurden abgelöst von Victor Gauntlett und Tim Hearley, die auch wieder abgaben, 1985 kam Gauntlett wieder zurück, dazu Peter Livanos. Und dann eben: Ford, dies bis 2007.

War es bis dahin unübersichtlich, wurde es danach bizarr. Quasi im Monatstakt gab es neue Grossaktionäre und Geschäftsführer, 2013 stieg Daimler an (und liefert Motoren sowie manch andere Teile), 2020 kam Lawrence Stroll als neue stärkste Kraft, dann ein irgendein saudischer Fund, vor wenigen Tagen erhöhte Geely seinen Anteil bei den Engländern auf 17 Prozent. Man darf wohl davon ausgehen, dass sich die Chinesen nach Volvo, Lotus und Benelli mit Aston Martin eine weitere europäische Traditionsmarke einverleiben werden; bei Daimler ist man ja auch schon bestens vertreten. Ach ja: Aston Martin steht tief in den roten Zahlen, im ersten Quartal 2023 wurde wieder ein Verlust von 74 Millionen Pfund geschrieben, die Schulden belaufen sich aktuell auf fast 900 Millionen Pfund.

Eigentlich wollten wir hier bloss etwas über den neuen Aston Martin DB12 schreiben. Der aber eigentlich mehr so ein Facelift des DB11 ist, die geklebte Alu-Struktur bleibt gleich, man hat die Spur etwas verbreitert, vorne um 6, hinten um 22 Millimeter. Auch wurde der von Mercedes-OMG angelieferte Motor leistungsgesteigert, der 4-Liter-V8-Biturbo kommt jetzt auf 680 PS und 800 Nm maximales Drehmoment. Kleine Nebenbemerkung: Als der DB9 im Jahr 2004 auf den Markt, liess man die Bezeichnung DB8 aus, denn das neue Modell trug ja einen Zwölfzylinder unter der Haube. Unterdessen hat man dieses bei Ford in Köln gebaute Triebwerk in Pension geschickt (mit einer ewigen Abschiedsparty mit etwa einem Dutzend Sondermodellen), man kann nun also das neue Achtzylinder-Modell locker DB12 nennen.

Ja, wir haben viel Aston Martin in unserem Archiv, versuchen Sie es mit «Suche». Und es wird dann noch reichlich Lagonda dazu kommen, aus Gründen.

1 kommentar

  1. Mac Müller Mac Müller

    Immerhin dient das grosse Loch vorne wohl immer noch dem Lufteinlass, wo er bei anderen Marken nur noch Attrappe ist.

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