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Toyota Land Cruiser (6)

J7 (1984 – heute) – Alles für alle

So grossartig der J4 seine Dienste seit 1960 auch versah, irgendwann war es an der Zeit, auch dieses unfassbar robuste, sehr einfach und gerade deshalb extrem langlebige Fahrzeug zu ersetzen. Doch es muss dies jetzt einmal erklärt werden. der J4, der war das Arbeitstier. Dann kam zusätzlich der J5, der als Station Wagon eine neue Klientel bedienen sollte, nicht mehr der reine, harte, bockige Geländewagen war, sondern das, was wir heute wohl als SUV bezeichnen würden (allerdings mit voller Geländetauglichkeit); mit dem gleichen Sinne und Zweck ist der J6 zu sehen. Und der J8 (ab 1990). Und der kleinere J9 (ab 1996). Und der J10 (ab 1998). Und der wiederum kleinere J12 (ab 2002). Und dann auch noch J20 (ab 2007). (Bilder unten: BJ70, 1986)

Bleiben also nur noch ein paar wenige Nummern dazwischen, also der J7 (ab 1984) sowie der J15 (ab 2009), die wie der J4 der Hardcore-Fraktion zugerechnet werden dürfen. Dazu gab es da ja auch noch die Aufteilung in die «Heavy Duty» und «Light Duty». Und dann beim J7: eine noch deutlichere Unterscheidung zwischen den mehr auf den europäischen Geschmack abgestimmten, schraubengefederten «Leichten» und den weiterhin blattgefederten «Schweren», fünf unterschiedliche Radstände, all die Aufbauten, dazu nicht weniger als 22 verschiedene Motoren; ja, es gibt im Anhang eine Auflistung. Der Markt verlangte das (also nicht: die Liste, sondern die Modellvielfalt). Und man hatte das Gefühl, dass Toyota auf jeden einzelnen Kunden hörte und die von ihm gewünschte Konfiguration auch gleich ins Modellprogramm aufnahm. (Bilder unten: LJ71, 1986)

Bevor das Entwicklungsprogramm für den J7 anlief, trieb Chefingenieur Masaomi Yoshii einen J4 über die härtesten Offroad-Pisten der Welt. Probleme traten dabei eigentlich keine auf, doch Yoshii entschied trotzdem, dass der J7 noch robuster werden musste – und gleichzeitig komfortabler, angenehmer zu fahren auf asphaltierten Strassen. Denn etwas durfte man nicht vergessen: die Konkurrenz hatte ja seit der Einführung des J4 auch nicht nur geschlafen, den Erfolg auch mitbekommen. Mit dem Pajero und vor allem dem Patrol standen dem Land Cruiser allein schon von den japanischen Herstellern Fahrzeuge gegenüber, deren Konstrukteure auch keine Nasenbohrer waren. (Bilder unten: BJ74, 1988)

Beginnen wir doch mit der leichteren Kost. Der «Light Duty» war, wie seine Bezeichnung ja auch vermuten lässt, von Anfang an auf den Personen-Transport ausgelegt, der kleine Bruder, der Land Cruiser II, der Bundera und ab 1990 dann der Prado. Doch wohl gerade deshalb löste er einen wahren Boom aus, wurde weltweit zum Sinnbild des familientauglichen Geländewagens. Wer nur oberflächlich hinschaut, wird kaum einen optischen Unterschied ausmachen können zwischen Light und Heavy Duty; der Kenner sieht sofort die schmaleren Kotflügel, die in die Frontmaske integrierten Blinker, die gerade geschnittene Kante der Motorhaube – und den viel geringeren Abstand zwischen Kotflügel und Stossstange. (Bilder unten: FJ73, 1988)

Innen waren L/D und H/D mehr oder weniger identisch, also: deutlich moderner. Und vor allem: bedienerfreundlich. Sogar im Dunkeln fand man sich nun zurecht, die Hebel für Licht, Blinker und Scheibenwischer sassen auf der Lenksäule, die Anzeigen für Tacho & Co. sinnvollerweise hinter dem Lenkrad, die Schalter für Heizung und Lüftung tatsächlich in Griffweite des Fahrers (die frische oder warme Luft kam aus kugeligen Düsen; man konnte die ganze Geschichte sogar einigermassen feinfühlig dosieren), darüber ein Schacht für ein allfälliges Radio. Das Handschuhfach blieb klein, dafür gab es einen «panic handle», also einen Griff, an dem sich der Beifahrer off-road festhalten konnte. Ach ja, eine Heckscheibenheizung wurde eingeführt, und ein Heckscheibenwischer. Dafür fielen die so wunderbaren, mit den Füssen bedienbaren Lüftungsklappen weg. Es war ein ganz anderes Gefühl, die ganze Konstruktion fühlte sich deutlich wertiger an, man sah auch kaum mehr nacktes Blech. Die Sitze wurden fast schon bequem, die Kniefreiheit vorne wuchs um stolze fünf Zentimeter, die Türen wurden deutlich grösser und liessen sich viel weiter öffnen. (Bilder unten: HJ75, 1988)

Vor allem aber war das Fahrwerk beim Light Duty: eine Revolution. Zwar blieb die grundsätzliche Konstruktion erhalten, also Leiterrahmen und Starrachsen, doch es gab nun Schraubenfederung. Das hatte einen entscheidenden Nachtteil: für so richtig schwere Lasten war der Land Cruiser II nicht geeignet (doch es gab das ja noch den Heavy Duty). Doch die Vorteile waren für einen grossen Teil der Kundschaft viel wichtiger: es ergab sich ein deutlich höherer Fahrkomfort, eine viel bessere Spurtreue, eine klar verbesserte Bodenhaftung, eine noch viel bessere Verschränkung. Und dabei war das Kurvenverhalten auch noch von einer anderen Welt, die Achsen wurden von jeweils zwei kräftigen Längslenkern und einem Panhardstab geführt. Vorne gab es 302 Millimeter grosse Scheiben, hinten 254 Millimeter Trommeln, die für Verzögerung sorgten, dies ausgelegt aus saugluftunterstützte Zweikreisbremsanlage mit lastabhängigem Bremskraftregler. Weiterhin war man im J7 mit Heckantrieb unterwegs, per Knopfdruck wurde der Allradantrieb aktiviert; die Freilaufnaben blieben manuell bedienbar, wobei: in einigen Märkten gab es das auch elektrisch, dann zusammen mit elektrisch verstellbaren Stossdämpfern). War der Allradantrieb aktiviert, konnte auch das Untersetzungsgetriebe in Betrieb genommen werden; unsynchronisiert, also eigentlich nur im Stand. (Bilder unten: BJ71, 1989)

Zu Beginn seiner Karriere hatte der Light Duty aber ein Problem: 72 PS. Der Vierzylinder-Grauguss-Saugdiesel mit der Bezeichnung 2L hatte zwar immerhin 2,5 Liter Hubraum und auch deshalb 155 Nm maximales Drehmoment, war dank einer obenliegenden Nockenwelle und einer fünffach gelagerten Kurbelwelle sogar einigermassen laufruhig, dies aber vor allem deshalb, weil er sich deshalb, weil sich das Fahrzeug im Geschwindigkeitsbereich einer Sanddüne fortbewegte. Schon knapp ein Jahr nach der Präsentation, also im Oktober 1985, wurde der Turbo-Diesel nachgereicht, 2L-T, der aber mit seinen 86 PS und 188 Nm auch keine grossen Stricke zerriss. Fleissig wurde weiter Entwicklungsarbeit betrieben, 1990 gab es den 2L-T II mit 90 PS und 215 Nm sowie den elektronisch gesteuerten 2L-TE mit sogar 97 PS und 230 Nm. All dies riss die Kundschaft aber nicht wirklich von den Sitzen (ganz buchstäblich nicht), es brauchte eine komplett neue Motoren-Familie, Lasre genannt, um wieder Fahrt ins Geschäft zu bringen (ganz buchstäblich). der Grauguss-Block durfte bleiben, doch es kam neu ein Leichtmetall-Zylinderkopf; der neue 1KZ kam auf satte 125 PS  und 295 Nm, elektronisch gesteuert waren es im 1KZ-TE sogar 130 PS. Der Anlauf war lang gewesen, aber das Resultat dieser stetigen Bemühungen brachte nun endlich das Fahrvergnügen, das Toyota für den Land Cruiser II von Anfang an versprochen hatte. Ja, Benziner gab es auch, zu Beginn den 22R mit 2,4 Liter Hubraum und 105 PS, später den 22R-E mit 114 PS, doch diesen spielten auf den meisten Märkten keine Rolle. (Bilder unten: LJ78, 1990)

Der J7 wurde als Light Duty mit drei verschiedenen Radständen (Short: 2310 Millimeter; Middle: 2600 Millimeter; Semi (ab 1990): 2730 Millimeter) und einer gar nicht so grossen Auswahl an Karosserievarianten bis 1996 gebaut – und dann vom J9 abgelöst. Der Heavy Duty, das ist aber eine ganz andere Geschichte Und die geht so: Man kann sie heute noch kaufen. (Bilder unten: RJ77, 1992)

Beim J7 Heavy Duty blieb – vorerst – alles wie gehabt. Also: fast. Der Leiterrahmen wurde nun verschweisst und war mit seinen durchgehenden Kantenprofilen sowohl leichter als auch noch stabiler. Selbstverständlich gab es weiterhin Starrachsen, die aber im Gegensatz zum Light Duty nicht an Schrauben-, sondern den bekannten Blattfedern geführt wurden; vorne gab es neu einen Stabilisator. Beim Facelift von 1999, also doch nur gerade 15 Jahre nach der Präsentation des J7, war die Aufregung dann aber gewaltig: auch der H/D erhielt Schraubenfedern. Das war für die ganz besonders Hartgesottenen dann der Moment, einen Strich zu ziehen: alles, was nach 1999 an Land Cruisern produziert wurde, steht für diese Freaks ausser Betracht. Man kennt solches Verhalten von einer anderen automobilen Legende, für die gusseisernen Porsche-911-Freaks zählen erstens nur genau diese Modelle und nochmals erstens nur jene mit den luftgekühlten Motoren. Dem Erfolg des Land Cruiser (und auch des 911) tat der Wechsel keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Und überhaupt: Grosskunden erhielten die Blattfedern auf Wunsch anscheinend bis 2004. (Bilder unten: FZJ75, 1993)

Die unterschiedlichen Radstände sind teilweise bekannt vom L/D: Short mit 2310 Millimeter, Middle mit 2600 Millimeter, Semi (ab 1990) mit 2730 Millimeter. Dazu gab es aber auch noch Long mit 2980 Millimeter und schliesslich auch noch den Super Long mit 3180 Millimeter. Beim Design wirkten die H/D robuster als die L/D (logisch, irgendwie) und erinnerten mit ihren leicht freistehenden vorderen Kotflügeln auch noch mehr an den J4. Das änderte sich erst mit dem Facelift im Jahr 2007, dann wurden die Kotflügel eingeglättet, auch die freistehende vordere Stossstange wurde eingegliedert. Im Innenraum entsprachen die Heavy Duty weitgehend den Light Duty, erst 2009 (also nach nur 25 Jahren) wurde etwas verändert, die Pflicht zu Fahrer- und Beifahrer-Airbag führte zu einer Neugestaltung. Wie schon erwähnt: eine Liste mit den Aufbau-Möglichkeiten findet sich im Anhang. Dort könnten wir gut auch die Motorisierungen unterbringen, doch einige dieser Maschinen verdienen schon noch einer besonderen Erwähnung – die Motorentechnik entwickelte sich bei Toyota deutlich schneller als der J7 selber. (Bilder unten: GRJ76, 2015)

Am Anfang war alles noch einigermassen übersichtlich: Es gab als Benziner den bekannten 3F (4 Liter Hubraum, 137 PS), als Diesel den 3B (3,4 Liter Hubraum, 90 PS) sowie den 2H (4 Liter Hubraum, 103 PS). Schon ein Jahr später erhielt der 3B einen neuen Kopf mit Direkteinspritzung und einem Turbo, was ihn auf 124 PS erstarken liess. Diese Maschine trug die Bezeichnung 13B-T und war für lange Jahre eine ausgezeichnete Wahl. Dies auch deshalb, weil es stolze fünf Jahre dauerte, bis 3B und 2H durch die neuen Mitglieder der Lasre-Familie ersetzt wurden. Den 1PZ mit 3,5 Liter Hubraum, fünf Zylindern (ja, fünf), 115 PS und 238 Nm maximalem Drehmoment hatte eine kurze Lebensdauer, er wurde schon 1995 wieder aus dem Programm genommen (auch deshalb, weil es häufiger Probleme mit der Schwungscheibe gab). Der 1HZ ist heute noch im Programm: 4,2 Liter Hubraum, sechs Zylinder, 130 PS und 280 Nm maximales Drehmoment. (Bilder unten: GRJ79, 2015)

Bei den Diesel gab es zuerst 3B (3,4-Liter-Saugdiesel, 90 PS, 216 Nm) und 2H (4-Liter-Saugdiesel, 103 PS, 241 Nm), doch 3B wurde dank Direkteinspritzung und Turbo schnell zu 13B-T mit dann 124 PS. 1990 folgte dann eine komplett neue Motoren-Generation, Lasre, der 1PZ (3,5 Liter, 115 PS, 238 Nm) mit fünf Zylindern und der fast baugleiche 1HZ mit sechs Zylindern (4 Liter, 130 PS, 285 Nm), der auch heute noch verbaut wird. Doch da geht noch mehr: Zuerst gab es den 1HD-FTE mit 4,2 Liter Hubraum, 166 PS, 380 Nm. Und als Dessert auch noch den 1VD-FTV, 4,5 Liter Hubraum, 205 PS, 430 Nm. (Bilder unten: Series 70 für Australien, Modelljahrgang 2024)

Einfach, damit wir uns hier richtig verstehen: Für den Modelljahrgang 2023 wurde der J7 wieder einmal ein bisschen aufgefrischt. Neben dem schweren 1VD-FTV, der weiterhin angeboten wird (und über ein manuelles 5-Gang-Getriebe verfügt) gibt es neu auch einen ganz modernen 2,8-Liter-Diesel mit 204 PS und 500 Nm, dies allerdings nur in Kombination mit einer 6-Gang-Automatik. Im Innenraum gibt es jetzt tatsächlich auch einen 6,7-Zoll-Touchscreen. Und einen Spurhalte-Assistenten, Verkehrsschilderkennung und automatisches Fernlicht. (Bild unten: Series 70 für Japan, Modelljahrgang 2024)

Also, das wird nun unübersichtlich – eine Auflistung der unterschiedlichen Modell-Varianten des J7.

Light Duty «Short» (Radstand 2310 mm)

– LJ70 (mind. sieben verschiedene Versionen)

– LJ71

– LJ72

– KZJ70

– KZJ71

– RJ70

Light Duty «Middle» (Radstand 2600 mm)

– LJ73

– KZJ73

– KZJ74

– RJ73

Light Duty «Semi» (Radstand 2730 mm)

– LJ77

– LJ78

– LJ79

– KZJ77

– KZJ78

– RJ77

– RJ78

Heavy Duty «Short» (Radstand 2310 mm)

– BJ70

– BJ71

– PZJ70

– HZJ70

– HZJ71

– FJ70

– FZJ70

– FZJ71

– GRJ71

Heavy Duty «Middle» (Radstand 2600 mm)

– BJ73

– BJ74

– PZJ73

– HZJ73

– HZJ74

– FJ73

– FZJ73

– FZJ74

Heavy Duty «Semi» (Radstand 2730 mm)

– PZJ77

– HZJ77

– HZJ76

– VDJ76

– FZJ76

– GRJ76

Heavy Duty «Long» (Radstand 2980 mm)

– BJ75

– PZJ75

– HZJ75

– HJ75 (mind. sechs verschiedene Versionen)

– HZJ78

– HDJ78

– VDJ78

– FJ75

– FZJ75

– FZJ78

– GRJ78

Heavy Duty «Super Long» (Radstand 3180 mm)

– HZJ79

– HDJ79

– VDJ79

– FZJ79

– GRJ79

Die Übersicht über unsere Land-Cruiser-Stories: hier. Und dann ist da ja noch das Archiv. Ganz wichtig: Alle Bilder oben vom Land Cruiser Heritage Museum.

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