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radical zero: Fahrbericht Volkswagen ID.7

Besser

Nein, wir möchten, können hier nicht berichten, was der PR-Verantwortliche von Volkswagen uns kürzlich so zum ID.3 erzählt hat. Es würde ihn seinen Job kosten. Und alle, die einen ID.3 gekauft haben für ein paar Zehntausender, ziemlich bis total angesäuert zurücklassen. Es mögen sich die Aussagen des VW-Mitarbeiters zwar mit unseren eigenen Beobachtungen decken, auch zum halbgaren Facelift, aber – eben. Und hier geht es ja um den ID.7, der alles, aber alles so viel besser kann, wie auch besagter PR-Verantwortlicher blumig ausschmückte. Können muss, denn so wie bisher kann es nicht weitergehen. Und jetzt muss jeder Schuss sitzen bei den E-Fahrzeugen, sagte auch der neue VW-CEO Thomas Schäfer. Gut, dann hätte er vielleicht auch ein paar Euro ins Design investieren sollen.

Nun, äh, ja. Der neue VW ID.7 ist definitiv besser als der ID.3. Der neue VW ID.7 ist ein durchaus anständiges Elektro-Fahrzeug. Bloss: Davon gibt es unterdessen reichlich. Und der neue VW ID.7 ist definitiv nicht besser als ein Tesla Model 3 – im Gegenteil. Der Amerikaner ist nun aber schon sechs Jahre alt – und trotzdem ist er gerade in Sachen Bedienung und Software gefühlt ein Jahrzehnt vor dem Volkswagen. Und dann nicht nur auf dem Papier deutlich potenter. Einverstanden, wir sind den ID.7 nicht lange genug gefahren, um Stärken und Schwächen der Reiseplanung wirklich ergründen zu können, doch die Bedienung geht unnötige Umwege. Man fragt sich dann schon, weshalb man den Ehrgeiz entwickeln will, alles nochmals neu zu denken, obwohl alles schon bestens durchdacht ist. Bestens dagegen ist der Head-up-Display, auch wenn die vielen Farben auf den ersten Blick etwas verwirren.

Vor den Augen hat die Pilotin einen etwas grösseren Bildschirm als noch im ID.3, doch der Grossteil der Bedienung läuft über einen mächtigen Touchscreen in der Mitte; die Zahl der noch physischen Schalter ist sehr gering, wärmer, kälter, leiser, lauter, manche Dinge können über Tasten am Lenkrad bedient werden. Es gibt jetzt auch einen Hebel am Lenkrad, um das Gefährt in Fahrt zu bringen, der eigenartige Drehknubbel aus ID.3 bis 5 ist zum Glück Vergangenheit. Daran, also an die neue Bedienung, wird man sich wahrscheinlich gewöhnen können, es wirkt auch alles deutlich wertiger als in den ersten E-Versuchen der Deutschen – und doch irgendwie karg. Es mag modern sein, die Bedienungselemente auf ein Minimum zu reduzieren, doch man müsste den Platz dann irgendwie sinnvoll nutzen – der VW wirkt: leer. Das kann Volvo, zum Beispiel, viel besser. Tesla auch, seit mehr als einem Jahrzehnt.

Richtig gut sind dagegen die Platzverhältnisse, vorne wie hinten wie auch ganz hinten. Das Kofferraum-Volumen ist mit 532 Litern sehr grosszügig bemessen, bei umgeklappten Rücksitzen sind es sogar 1600 Liter. Und es kommt ja dann noch ein Kombi, der nicht mehr Variant heissen wird, sondern Tourer. In der zweiten Reihe sitzt man fürstlich, da nutzt VW die möglichen Vorteile der MEB-Plattform bestens aus; 2,97 Meter Radstand helfen natürlich auch. Er ist überhaupt ein grosser Wagen, der ID.7, 4,96 Meter lang, 1,86 Meter breit, doch 1,54 Meter hoch. So kommen dann gut 2,2 Tonnen Leergewicht zusammen.

In einer ersten Phase kommt der ID.7 mit Heckantrieb, 286 PS und 545 Nm. Es wird zwei Batteriegrössen geben, Pro mit brutto 82 kWh (netto: 77 – keine Ahnung, für was es eine Bruttoangabe braucht), Pro S mit dann 86 kWh netto. Die kleine Batterie soll es auf 615 Kilometer Reichweite bringen, die grössere gar auf 700 Kilometer (in einer ersten Version stand hier: Riechweite. So übel ist das Interieur nun wirklich nicht, wir entschuldigen uns für diesen «Fehler», die Red.). Das erachten wir als mehr als nur optimistisch, 12,3 kWh/100 km als Durchschnittsverbrauch wären dann insgesamt doch rekordverdächtg. Und etwa 50 Prozent besser als das, was MEB bisher draussen im richtigen Leben konnte (siehe auch Test des VW ID.3). Was allein schon deshalb ins Reich der Fabeln gehört, weil der deutlich grössere ID.7 ja auch noch mehr als 400 Kilo schwerer ist. Es ist uns unverständlich, dass ein Hersteller solche Angaben in die Welt posaunen darf, die so rein gar nichts mit der Realität zu tun haben (aber das gilt jetzt nicht nur für Volkswagen). Geladen werden kann Pro mit 170 kW, der Pro S schafft dann sogar 200 kW.

Gefahren ist den Volkswagen ID.7 ja schon so ziemlich jede Influencerin mit Führerschein, aber da waren die Fahrzeuge immer nur getarnt; wir durften uns nun an ungetarnten Fahrzeugen versuchen, selbstverständlich immer noch Vorserie, Prototypen-Erprobung, was auch immer, und selbstverständlich war das Gefühl ein völlig anderes. Wobei: Übermotorisiert (wie viele andere E-Fahrzeuge) wirkt der grosse Volkswagen jetzt nicht. Klar, da gibt es schon das E-Feeling beim Start ab der Ampel, doch einmal in Fahrt, benimmt sich der ID.7 doch eher zahm. Gerade in der Comfort-Stellung neigt der für eine Limousine erstaunlich hohe Aufbau bei etwas flotter angefahrenen Kurven zum Wanken; in der Sport-Stellung ist das besser, da ist auch die Lenkung direkter, aber immer noch einigermassen weit entfernt davon, Fahrfreude aufkommen zu lassen. Das Fahrwerk mit seinen Stahlfedern und geregelten Dämpfern verbleibt immer auf der komfortablen Seite, das passt auch gut zum Charakter des Wagens.

Also gleitet man dann friedlich einher, das ist ja auch nicht falsch. Es ist schön ruhig im Volkswagen, doch das können andere E-Autos auch, also: alle. Wir sind erfreut, dass die verwendeten Materialien sowie die Verarbeitung im Innenraum jetzt nicht mehr so grauslig sind wie im ID.3, aber einen Premium-Eindruck hinterlässt das weiterhin nicht. Loben können wir die Sitze, sie sind bequem und bieten doch sehr guten Seitenhalt – und man kann über den Touchscreen ganz viele Dinge einstellen, sogar so etwas wie einen Wäschetrockner. Man kann es auch über die Sprachsteuerung versuchen, wir sind da aber gescheitert, mit so ziemlich jeder Anfrage. Aber das dürfte in erster Linie am Dialekt liegen.

Nein, wir wollen jetzt hier nicht wirklich ergründen wollen, warum der VW ID.7 in der Schweiz ab 66’500 Franken kosten wird, in Deutschland aber schon ab 57’000 Euro zu haben ist, es wird wohl an der Ausstattung liegen. Doch auch 57’000 Euro sind viel Geld, wenn man den VW, zum Beispiel, mit dem Tesla Model 3 vergleicht (der in der Schweiz derzeit ab 42’900 Franken angeboten wird). Und hier liegt irgendwie der Has’ im Pfeffer: Ja, der ID.7 ist grösser und auch ein bisschen stärker und lädt schneller als der ID.3 (aktuell ab 38’000 Franken), aber das alles ist immer noch MEB, also das genau gleiche Auto, siehe ganz oben. Wo der gewaltige Mehrwert jetzt liegen soll, können wir nicht wirklich erkennen. Und irgendeinen Grund, dieses Fahrzeug kaufen zu wollen, sehen wir auch nicht – eigentlich bürdet man sich damit ein bereits vor Händlerauslieferung veraltetes Gerät auf. Jedes chinesische Produkt, das wir in letzter Zeit gefahren sind, Nio, Zeekr, kann so ziemlich alles besser – oder ist deutlich günstiger, wie etwa der MG4.

«radical» ist den Volkswagen ID.7 im Rahmen einer Veranstaltung von «German Car of the Year» gefahren. Die Jury hat den Wolfsburger dann auch zum «Auto des Jahres» gewählt. Dass der Volkswagen unsere Stimme nicht erhielt, dürfte offensichtlich sein; wir setzten den Kia EV9 an erste Stelle. Mehr Strom: zero. Alles andere: Archiv.

2 Kommentare

  1. Sgt. PEPPer’s Lonely Hearts Club Band Sgt. PEPPer’s Lonely Hearts Club Band


    „18. Und dann gibt es noch diejenigen, die an Aerostatiophobie leiden, einem Leiden, das man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.

    Die echte Angst vor Tankstellen, so scheint es, ist Realität. Es ist zwar bedauerlich, auf die Gourmet-Leckereien zu verzichten, die diese Stationen bieten, aber der Silberstreif am Horizont eines batteriebetriebenen Autos ist die glückselige Vermeidung von Tankstellenbesuchen insgesamt.

    Denn wer muss sich schon mit seinen Ängsten auseinandersetzen, wenn das Summen einer elektrischen Ladung Musik in den steuersparenden Ohren ist?

    Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten sind Meinungen des Autors und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten von The Epoch Times oder ZeroHedge wider.“

    17 Gründe, warum Sie wirklich ein Elektroauto brauchen
    Foto von Tyler Durden
    VON TYLER DURDEN
    SONNTAG, 19.11.2023 – 15:55
    Verfasst von Nicole James über The Epoch Times (Hervorhebung von uns),

  2. Max Max

    Aerostatiophobie. In Deutschland mehr als berechtigt. Ausnahme Mövenpick, aber diese sind rar.

    Wer daran leidet kann sich immer noch mit zwei grossen Reservekanistern helfen 😉

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