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Dauertest Dacia Sandero (3)

Liebling

Und schon nähern wir uns den 100’000 Kilometern, dies nach nicht einmal drei Jahren. Er ist also gut unterwegs, unser Dacia Sandero TCe90 – und das weiterhin fast beschwerdefrei. «Fast» deshalb, weil wir uns im Sommer beklagten, dass die Schaltung doch etwas gar hakelt. Man hat uns dann die Seilzüge ersetzt, noch auf Garantie, keine Rechnung, nichts. Seither ist wieder alles so, wie es sein soll. Und seither war der Dacia zum unterdessen dritten Mal im Service, wie vorgeschrieben kurz nach 90’000 Kilometern. Nachdem die beiden ersten Service-Rechnungen jeweils unter 400 Franken lagen, war es diesmal etwas teurer, etwas über 800 Franken (inkl. MwSt.). Die grössten Posten: Austausch Bremsflüssigkeit, Austausch Zündkerzen, neues Motorenöl. Das erscheint uns alles sowohl im Rahmen wie auch absolut vernünftig.

Selbstverständlich hat er es gut bei uns, der Dacia (siehe auch: Dauertest (2)). Wir plagen ihn nicht, sondern bewegen ihn halt so, wie es sich gehört. Auf der deutschen Autobahn muss er dann aber schon auch 160 km/h rennen (wenn möglich), geht die Fahrt über den Berg, gehört er sicher nicht zu den Langsamsten. Jetzt droht ihm aber wohl eine eher beschwerliche Zeit: Der Sohn ist in der Lernphase für die Führerscheinprüfung. Da steht ihm zwar meist ein älterer Opel Corsa zur Verfügung, doch er soll ja auch unterschiedliche Autos fahren – und da kriegt man dann gut mit, dass die Kupplung des Dacia schon ziemlich spitz ist, der erste Gang eigentlich zu kurz übersetzt. Als erfahrener Pilot merkt man das nicht so, doch der Junglenker hatte auf den ersten Ausfahrten damit zu kämpfen.

Was mich am meisten überrascht: Wie gut die Verarbeitung ist. Der Lack sieht aus wie neu, auch den Stoffsitzen sieht man nach den bald drei Jahren nicht an, dass sie doch gut genutzt wurden. Klar, da ist viel Hartplastik im Innenraum, der scheint unkaputtbar, doch es gibt auch keine Verfärbung, nichts, obwohl der Wagen Sommer wie Winter draussen übernachten muss. Die einzige nervende Schwäche: Die Scheibenwischer quietschen furchtbar, da haben wir noch keine gute Lösung gefunden – hat da jemand einen Tipp?

Öl braucht er keines, beim Benzin schwanken wir bei ganz knapp über 5 Liter/100 km im Sommer und einem halben Liter mehr im Winter. Das darf als sehr vernünftig bezeichnet werden, auch der Reifenverschleiss hält sich im Rahmen, die Winterreifen (Continental WinterContact in der Dimension 185/65 R 15) schaffen diese Saison noch, Sommerreifen (Bridgetone Turanza auf 16-Zöllern) wird es dann wohl bald einmal neue brauchen; die Unterhaltskosten halten sich also in Grenzen, siehe auch oben, Service. Viel günstiger als mit dem Sandero kann man also kaum unterwegs sein – wenn man den Anschaffungspreis noch mit einberechnet (was man ja muss), dann erst recht nicht.

Natürlich bestehen (familieninterne) Diskussionen, ob der Sandero nicht vielleicht durch einen Stromer ersetzt werden sollte, vor allem die sich vegetarisch ernährende Tochter drängt darauf (sie wird dann auch die nächste sein, die den Führerschein macht). Aber da ist die Auswahl an preislich vernünftigen Alternativen halt eher dürftig, ein Dacia Spring kommt nicht in Frage, möglich wären allenfalls ein gebrauchter Renault Zoe oder BMW i3, vielleicht wird dann der Citroën e-C3 ein Möglichkeit. Aber andererseits: warum? Bis die Energiebilanz des Stromers auf jene des schon gebauten, bestens eingefahrenen und vernünftig genutzten Dacia kommen würde, würden wohl wieder drei Jahre vergehen. Und die packt unser Sandero selber, locker. Wir können ja dann weiter schauen, ob es sich lohnt, derzeit geht die Rechnung sicher noch nicht auf.

Vor kurzem war ich als Journalist auf einer Dacia-Veranstaltung, Marc Suss, Platform Global Leader, sollte und wollte da den Erfolg der Renault-Tochter erklären. Dem Geist der Marke bestens entsprechend erzählte Suss so charmant wie abgebrüht, so witzig wie cool, was Dacia anders macht. Eigentlich ist es: nicht viel. Und genau das sind auch die Zauberworte: Weniger ist tatsächlich mehr. Zwar werden in der Schweiz vor allem besser ausgestattete Rumänen gekauft, doch prinzipiell ist es schon so, dass ganz viel weggelassen werden kann, vor allem an unnötig teurer Elektronik. Ganz bewusst nimmt Dacia deshalb auch eine schlechte NCAP-Bewertung in Kauf (sieh auch unseren Artikel zu den Wey 03 /05), «die Crash-Sicherheit ist aber voll gegeben», sagt Suss dazu, «da machen wir keine Kompromisse. Aber die meisten dieser Piepser braucht unsere Kundschaft nicht». Und man braucht auch keinen 27-Zoll-Infotainmenttouchscreen, sein Smartphone hat heute jede/jeder mit dabei. Und wer keines hat, der will sicher auch keinen Riesen-Display.

Der zweite Punkt: Gleichteile. Unser Sandero ist ja untenrum auch ein Renault Clio – und bis zur B-Säule auch ein Jogger. Kennst Du einen Dacia, kennst Du sie alle. Und das ist in diesem Fall nicht verwerflich, sondern ergibt einfach Sinn. So kauft man auch günstiger ein, wenn man immer die gleichen Teile beim Zulieferer bestellen kann – und es kommt auch eine ansehnliche Menge zusammen unterdessen, der Marktanteil der Renault-Tochter ist in Europa beachtlich, man steht unter den Privatkunden (also jenen, die selber bezahlen müssen) auf Platz drei.

Es ist genau der richtige Weg, unserer bescheidenen Meinung nach. Wer mehr Geld in sein Auto versenken will, sich Sorgen macht um sein Image oder die Sicht der Nachbarn, der soll und darf das doch tun, jederzeit – es gibt ja keinen Zwang, einen günstigen Dacia zu fahren (genau so wenig, wie irgendwo der Zwang besteht, einen Stromer zu fahren). Es bleibt bloss zu hoffen, dass die Rumänen auf diesem Weg weiterfahren dürfen, dass der Margen-Zwang im Gross-Konzern nicht zu hoch wird – was dann passiert, hat man ja bei den Skoda gesehen, die unterdessen fast gleich viel kosten wie die baugleichen Audi. Dacia wird sein Programm erweitern, auch höher positionierte Fahrzeuge anbieten, dagegen ist auch nichts einzuwenden, so lange es noch so gute Angebote wie den Sandero gibt.

Teurere Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.

4 Kommentare

  1. B.P. B.P.

    Herr Ruch… Sie schreiben über die deutsche Autobahn und auch mal 160 Km/h, die dem Sandero abverlangt werden…. Wir brauchen bald einen Zweitwagen und überlegen den Sandero zu holen. Bewegt wird der meist auf Landstraße, etwa 60 Km pro Tag, sollte aber auch hier und da eine längere Autobahnfahrt mitmachen können.

    Frage: sehen Sie, anhand des Kommentares oben, den Sandero mit seinen 90 PS als „autobahntauglich“? Keine deutsche Autobahn, sondern eher 130-er Resteruropa, das aber dann relativ konstant.

    Lieben Dank!

    • Peter Ruch Peter Ruch

      werter, der Sandero ist absolut autobahntauglich, er ist bei Schweizer Autobahn-Tempo erfreulich ruhig – und bei diesem Tempo dank 6. Gang auch ziemlich sparsam. Herzliche Grüsse.

      • B.P. B.P.

        Danke!

  2. Tobias R Tobias R

    Top Bericht! Tesla Model S mit SC01 Free Supercharging mit unter 800 Ladezyklen wäre ein würdiger Preis/Leistungsnachfolger.

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