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radical zero: Test Nissan Ariya

Der Unverstandene

Nissan geht es gar nicht gut. Der japanischen Marke geht es so schlecht, dass allenfalls der ewige Rivale Honda einspringen muss; Renault will sich anscheinend nach einem Vierteljahrhundert ganz aus der Allianz zurückziehen, der japanische Staat könnte eine Nissan-Kooperation mit Honda fördern. Doch zuerst braucht das Unternehmen dringend frisches Geld, sonst kommt allenfalls innerhalb von 12 bis 14 Monaten das Aus, wie zwei Insider der «Financial Times» berichten. Bereits wurden 9000 Stellen gestrichen, die Produktion um 20 Prozent heruntergefahren, trotzdem belief sich der Verlust im dritten Quartal 2024 auf 9,3 Milliarden Yen (das tönt nach viel, ist es aber gar nicht, rund 60 Millionen Franken). In der Schweiz hat Nissan noch einen Marktanteil von 1,2 Prozent, in diesem Jahr sind die Verkäufe bisher um gut 20 Prozent zurückgegangen.

Vom rein elektrischen Ariya konnte Nissan in der Schweiz in den ersten 10 Monaten des Jahres 163 Exemplare verkaufen. Das ist nicht wirklich berauschend, doch es dürfte auch daran liegen, dass der japanische Stromer ganz allgemein einen etwas unglücklichen Start hatte. Mitte 2020 war das 4,60 Meter lange SUV vorgestellt worden, doch erst im Herbst 2022 kam es auch in Europa auf den Markt. Da war aber die Software noch nicht auf dem Stand, den man erwarten durfte, auch konnten die verfügbaren Versionen, zwei Fronttriebler und ein Allradler mit 306 PS, nicht so richtig mit den Leistungen mithalten, welche die Konkurrenz für das gleiche oder gar weniger Geld ins Rennen wirft. Unterdessen gibt es aber eine neue Top-Variante mit knapp 400 PS, die wir nun ausführlich bewegt haben.

Zuerst einmal: Der Nissan Ariya gehört sicher zu den elegantesten Stromern auf dem Markt. Zwar ein SUV, doch kein so feistes Trumm wie bei anderen Herstellern, der Japaner wirkt schlicht, ist unauffällig. Wahrscheinlich zu unauffällig, er erhält gar nicht die Beachtung, die er durchaus verdient hätte, denn der Innenraum des Japaners gehört zum Besten, was wir in letzter Zeit gesehen haben. Das Armaturenbrett ist extrem minimalistisch, da wirkt selbst ein Volvo fast überladen – und doch ist die Bedienung klar und logisch, es gibt für die Heizung/Lüftung Touch-Tasten mit haptischer Rückmeldung, das gibt es nur im Nissan. Die Platzverhältnisse sind im Ariya verschwenderisch, wohl niemand nutzt die Vorteile der E-Plattform besser als die Japaner. Auch hinten sitzt man gut, der Kofferraum ist mit 415 bis 1280 Liter zwar nicht überdurchschnittlich gross, aber bestens nutzbar. Die Top-Version gibt es übrigens nur in der höchsten Ausstattungsstufe Evolve400, da ist feinstes (blaues) Nappaleder verbaut, auch sonst überzeugt der Ariya mit edlen Materialien und sehr sauberer Verarbeitung.

Zu Beginn nervten wir uns etwas über die Bedienung. Bis man herausgefunden hat, wie denn nun der Tempomat funktioniert, hat man schon ein halbes Informatik-Studium hinter sich. Die Verkehrszeichenerkennung ist so gut wie in anderen modernen Autos auch, also schlecht. Und in die Reiseplanung investiert man besser die zweite Hälfte des Informatik-Studiums, bis man die richtigen Filter gesetzt hat, ist die 87-kW-Batterie wohl schon leer. Was aber nun beim besten Willen nicht heisst, dass die Reichweite gering wäre, 400 Kilometer gehen problemlos, wir erreichten einen Schnitt von 19,7 kWh/100 km (wir erachten alles unter 20 kWh/100 km als gut). Nicht gerade berauschend ist dagegen das Schnellladeverhalten, 130 kW maximal bedeutet heute unteres Limit, da muss Nissan dann bald mal nachlegen. An der heimischen Wallbox zog der Ariya aber dafür sehr konstant 22 kW, die Ladeverluste waren nicht der Rede wert.

Mit seinen 394 PS und 600 Nm maximalem Drehmoment ist der 2,25 Tonnen schwere Ariya mehr als ausreichend motorisiert. Davon zeugen auch die 5,1 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h; maximal sind 200 km/h möglich. Nun fährt man elektrisch ja aber selten auf der letzten Rille – und das entspannte Gleiten, das kann der Japaner richtig gut, er ist trotz 20-Zöllern sehr komfortabel, im Innenraum ist es noch ruhiger als in anderen E-Autos, mehr so: Oberklasse. Dort liegt der Nissan Ariya als Evolve400 allerdings auch preislich, 67’990 Franken sind wahrlich kein Sonderangebot. Gut, die Ausstattung ist dann schon auf sehr hohem Niveau, es lässt sich kaum mehr etwas dazubestellen, doch die Konkurrenz ist durchs Band günstiger. Das dürfte auch die Erklärung sein, weshalb der Nissan zwar eine gute gute Figur macht, aussen wie innen, aber sich kaum verkaufen lässt. Schon die Basis-Version, 218 PS, Frontantrieb, 63-kWh-Akku, ist kein Schnäppchen.

Mehr Strom? zero. Alles andere: Archiv.

6 Kommentare

  1. DeHavilland DeHavilland

    Der Ariya leidet unter dem sterbenslangweiligne Tarnkappendesign der meisten Nissans. Die Designabteilung liefert erstaunlich konstant eine Schlaftablettenform vom Feinsten, was sich schon in den Farben ausdrückt: die beiden Pressefahrzeuge der radical leuchteten in schneidigem Rosegoldmetallic und fetzigem Grundierungsgrau ! Große Raddurchmesser dienen in der Regel der Optik auf Kosten von Effizienz, Eigendämpfung und Fahrdynamik – aber der Ariya schafft es tatsächlich, bereits optisch zu(!) große Räder zu haben – es wirkt unproportioniert wie auf Stelzen (kann auch ein wenig am unpassenden Felgendesign liegen – Felgenfarbe natürlich ein rasantes Dunkelgrau – was auch sonst!)
    Der Innenraum mag real vielleicht hochwertig wirken (da fehlen mir eigene Erfahrungen), auf den Bilder sieht es aber ziemlich blass nach Vectra C aus.
    Nein liebe Nissan-Macher; so wird das nichts. Holt mal die alten Herrenaus der Rente zurück, welche die Nissan Z, Silvias, Skylines und andere konstruiert haben.
    MfG
    DeHavilland

    • Peter Ruch Peter Ruch

      das find ich jetzt ein bisschen grob. selbstverständlich gibt es «aufregendere» Fahrzeuge als den Ariya, aber unter den aktuellen E-Angeboten gehört er sicher zu den gelungeneren. das mit den zu grossen Rädern, tja, anscheinend suggeriert das bei den Stromern Effizienz, zumindest hat die potenzielle Kundschaft das Gefühl, dem sei so.

  2. Rolf Rolf

    Fragen über Fragen:
    Wer hat den Mercedes EQE in den Schraubstock gesteckt und zusammengepresst bis er nach oben quoll?
    Wer braucht 400 PS in einem Elektroauto, das mit 120 km/h bewegt wird?
    Wer beschleunigt permanent nackenstressend in 5 Sekunden auf 100?
    Wer sagt, dass die große Masse der Autokäufer eben mal 70.000 Euro für so ein Ding hat?
    Wer kam auf die Idee, diese furchtbaren militärischen Grautöne (von ganz hell, bei Dodge heisst es Destroyer Grey, bis ziemlich dunkel, wie die deutsche Restmülltonne) anzubieten?
    Warum kaufen die Leute diese Farben?
    Haben die in den Marketingabteilungen alle zu viel gekokst?
    Hat schon jemand gemerkt, dass ausgerechnet die Autos vom Elon ein ziemlich unverwechselbares Design haben?
    Habe ich jetzt behauptet, dass dieses schön ist?
    Glaubt noch jemand daran, dass mal E-Autos kommen werden, die gut aussehen, technisch was drauf haben und bezahlbar sind?
    Oder gar einen echten „haben-wollen-Reflex“ auslösen?

    • Max Max

      >Warum kaufen die Leute diese Farben?

      Na beim Golf etc weil es die einzige ohne Aufpreis ist.

      Auf der anderen Seite scheint schwarz die Farbe der generellen Hersteller-Wahl zu sein, obwohl es die Farbe ist die nur sehr wenigen Modellen gut steht. Vielleicht halten sie es mit dem ollen Henry Ford.

  3. Rolf Rolf

    ….. ach, eine Frage habe ich noch:

    Ist das eine Schweizer Eigenart mit einem kleinen Besen auf Reisen zu gehen? 😉

  4. paul paul

    Godzilla hatte trockenen Schiss in HALBWÜRFELFORM!

    Beim Wettkacken mit Vw und den anderen belanglosen Herstellern
    ging es darum, wer baut den ..
    vergiss den Text.. Nicht einmal geschenkt.

    WANN ENDET DER DESIGNUNFALL SUV.. egal welcher Antrieb.
    ich bin nicht pervers.

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