Idi Amin, Pablo Escobar, Jeremy Clarkson
«Das Beste – oder nichts», dieser so unfassbar arrogante Claim von Mercedes in diesem Jahrtausend, hätte einst sogar eine gewisse Berechtigung gehabt. Es wurde anders, besser formuliert, damals, Mitte der 50er Jahre und mitten im deutschen Wirtschaftswunder: das «technisch Machbare» sollte Chefkonstrukteur Fritz Nallinger auf vier Räder stellen, der Stern sollte leuchten, weit heller als die damaligen Konkurrenten Cadillac und Rolls-Royce. 12 Prototypen liess Nallinger bauen, 15 Patente konnte Daimler anmelden – Paul Bracq, mehr Künstler als Designer, war an seiner Seite.











Die Vorstellung des Mercedes-Benz 600, intern als W100 bezeichnet, erfolgte im September 1963 auf der IAA in Frankfurt. Der «Grosse Mercedes» erhielt tatsächlich alles, was damals technisch möglich war. Besonders zu erwähnen ist die «Komforthydraulik», mit der sich die Sitze vorne und hinten, die Fenster und auch das Schiebedach fast lautlos betätigen liessen. Dazu gab es eine Luftfederung mit Niveauregulierung an allen vier Rädern. Auch der Motor des Mercedes-Benz 600 war eine Neuentwicklung. Nallinger hatte auch 12-Zylinder entwickeln lassen, doch man entschied sich dann doch für einen V8 mit 6,3 Liter Hubraum und zu Beginn 250 PS. Dieser beschleunigte das mindestens 2,4 Tonnen schwere Fahrzeug in weniger als 10 Sekunden auf 100 km/h und machte es über 200 km/h schnell. Geschaltet wurde über eine ebenfalls neue 4-Gang-Automatik.






Mercedes hatte grosse, wenn nicht sogar grössenwahnsinnige Pläne mit dem W100, die Produktionskapazitäten waren auf 3000 Exemplare pro Jahr ausgelegt; das war in etwa die Anzahl an Fahrzeugen, welche die Konkurrenten Rolls-Royce und Bentley damals absetzten. Doch es kam etwas anders, in der gesamten Produktionszeit von 18 Jahren wurden nur 2723 Mercedes-Benz 600 verkauft, mit Abstand am meisten mit «kurzem» Radstand. Denn ab Werk gab es zwei Versionen, den «kurzen» 600, aber doch 5,54 Meter lang, und den 600 Pullman, der mit 3,9 Meter Radstand sowie vier oder sechs Türen auf eine Gesamtlänge von 6,24 Meter kam. Die 1,95 Meter Breite waren für die damalige Zeit mehr als imposant. Selbstverständlich gab es auch diverse Sonderanfertigungen, am berühmtesten ist wohl ein für Papst Paul VI. gebautes Landaulet. Wobei es diese Halb-Cabrios auch direkt ab Werk gab, mit vier oder sechs Türen; es entstanden immerhin 59 Exemplare.



Jeder bestellte W100 war ein Verlustgeschäft für Mercedes, wurden die Fahrzeuge doch in aufwendiger Handarbeit gebaut. Doch Daimler hielt am «Grossen» fest, in Sachen Prestige war der 600er unschlagbar – er definiert wohl bis heute das Bild, wie eine Staats-Limousine auszusehen hat. Kein Wunder, denn es standen diese Mercedes-Benz 600 in Diensten vieler Staatsoberhäupter, dies von Ägypten über Kuba bis in die Türkei. Die Liste der prominenten Besitzer ist so lang wie interessant. Der «Held der Sowjetunion» Leonid Breschnew fuhr privat einen Mercedes-Benz 600 – genau wie der Drogenbaren Pablo Escobar. Musiker wie Elvis Presley, John Lennon, David Bowie oder Udo Jürgens besassen einen W100. Elizabeth Taylor liebte ihren «Grossen Mercedes» genau wie Coco Chanel, Idi Amin hatte einen in seinem Besitz und Jeremy Clarkson auch.



In der Basis-Version kostete ein Mercedes-Benz 600 zu Beginn 56’500 deutsche Mark (das wären inflationsbereinigt heute etwa 130’000 Franken). Zu Ende seiner Bauzeit hatten die Preise deutlich angezogen, da mussten für die Einstiegsvariante schon 144’032 DM bezahlt werden, für einen Landaulet mit sechs Türen waren 175’392 DM fällig. So richtig gesucht sind die W100 heute nicht, ihre Technik (Hydraulik) ist zu komplex, gute Exemplare sind ab etwa 200’000 Franken zu haben. Es geht aber auch anders: der «Kurze», den wir unten zeigen, wurde vor einigen Jahren in der Schweiz restauriert, die Kosten beliefen sich auf über 500’000 Franken.









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Nein, eine Sammlung machen wir nicht. Aber wenn es eine gute Geschichte gibt, warum nicht?
Chassis-Nummer: 100.015.12.002320
Motorennummer: 100.980.12.002397





























Auktion: RM Sotheby’s, Paris 2025, Schätzpreis 1,3 bis 1,6 Millionen Euro. Ein Pullman Landaulet, sechs Türen, kurzes Dach, von denen wohl nur etwa eine Handvoll gebaut wurde. Dieses Exemplar ging 1974 nach Guinea-Bissau und ist deshalb ein «schönes» Beispiel dafür, dass auch ehemalige afrikanische Marxisten dem automobilen Luxus nicht abhold waren. Guinea-Bissau hatte nach einem langen Befreiungskrieg gegen Portugal im September 1973 einseitig seine Unabhängigkeit ausgerufen, an die Macht kam die PAIGC, eben, damals noch strenge Marxisten. Deren Führer sich aber gerne im Benz durch die kaum vorhandenen Strassen der Hauptstadt Bissau chauffieren liessen. Irgendwie kam der Mercedes dann nach Kailifornien, seit 2003 ist er zurück in seiner Heimat. Und wurde von, ui, Kienle für stramme 280’000 Euro restauriert. Ursprünglich war das Fahrzeug schwarz.
Wenn Dekadenz, dann bitte so richtig. Und das kann der W100. Andere spannende Automobile haben wir in unserem Archiv.
Aber es gab ihn nicht in Colombian Snow White. ¯\_(ツ)_/¯
gutes gedächtnis )
Zwar nicht unbedingt das emotionalste Fahrzeug seiner Zeit, aber in Anspruch und Machart auch heute noch absolut beeindruckend.
Interessant, und sehr kleinteilig, wird es bei den mannigfaltigen Sonderwünschen, die beim W100 Daimler-untypisch gerne erfüllt wurden. Selbst bei den üblichen Optionen verwies die für den sterblichen Kunden einsehbare Preisliste stets auf individuelle Absprache.
Wenn der Papst fragt gibt es kein Nein. Gibt schlechtes Karma.
Über den Mercedes 600 Modell W 100 gilt was auch für die Schuhfirma Bally galt:
Es war ihnen eine Ehre mit hervorragenden Produkten Geld zu verlieren.
Schön!
Das war der Wagen meines Opas.
Reichsschwarz. Führerdunkel? Ringstrassen Tarn?
ER der Fabrikant für 10 Mio Semmeln und Brot, hatte den.
Ich war 12, als ich freudestrahlende zum grantigen Opa
lief und verkündete: “ oooooOOOOPa.. ich hab den Wagen
umgeparkt!“
Leider war die Parkgarage für Fiat 500 gebaut. ( Das Hausmädchen.. ja
das gab es.. und sie hatte eine Z-240 Nissan = meine blauen Augen und Sie
“ ICH MAG NUR REIFE MÄNNER!“)
Und ein 3 Meter Kratzer. Bis zum Grund, bis in den Stahl!
Watschn. Geächtet.
144 Tage Hausarrest, Schundheftverbot und der Besuch des
Lateinlehrers, der mich für das Überleben bei der letzten
Schularbeit fit machen sollte.
Keine Italien Urlaub.
Dafür Lehrling bei einem Automechaniker.
bei dem.
ALFA ROMEO.
ER hat inzwischen 120 davon, alle. absolut alle bis zurück ins 19te JH.
Jedenfalls dieser Sommer.
Ein Bursche, der einen GTV 2.5 fährt, rund ums Dorf locker 18 km ala
Nürburgring und Monza mal Phantasie. der 2-te Gang ( diese Mistsau in kalt)
und unvergesslich!
Der Max ) Mechaniker) : “ Sanft. lass den langsam in die Spitzkehrer..!“
GLÜHENDE WANGEN. Motoröl und alle Trixx gelernt.
Danke BENZ-600. Und Opa.. Du fehlst mir 🙂
Unübertroffen, bis die Bremsbeläge brennen:
Der Grosser gegen den Corniche: die Oldtimer-Herausforderung Teil 1 & Teil 2 – Top Gear – BBC
auf YouTube
Grandioser Wagen. Deutscher und geradliniger kann ein Design nie mehr werden.
Die hydraulischen Fensterheber übrigens, weil Mercedes elektrischen zutiefst misstraut hat. Obwohl die in den USA längst üblich waren.
In der Tat ein grandioser Wagen, endlich ein Bruch mit der Vergangenheit der Marke, keine Reminiszenzen mehr an die dunkelste Epoche der Marke, Gott sei Dank stammte die Form aus der Feder eines Franzosen!
Mein Onkel hatte leider keinen, aber ein Geschäftsfreund meines Vater, ein großer Unternehmer, dessen Name inzwischen vergessen ist, wie so viele große Deutsche Firmennamen.
Die kurze Fahrt, vorne, neben dem Fahrer, war unvergeßlich, Fenster wie Fallbeile, Lederpolster wie in der Bar des Hotels Reichshof, dazu die Gradlinigkeit der Karosserie wie der Kanzlerbungalow von Sepp Ruf.
Nie zuvor und nie wieder danach hatte ein Mercedes eine solche Designqualität, zusammen mit der Pagode und dem W111 Coupé und Cabriolet.
Der höchst eigenwillige Alan Clarck, Minister unter Margret Thatcher, Sohn des Direktors des British Museums und ernstlich reiche Lebemann, Bordeauxkenner, Frauenheld, Right-Wing-Conservative, Petrolhead und begnadete Tagebuchautor, fuhr einen Mercedes 600, ein Skandal in der Upper Class des Königreichs, er beschreibt in „Backfire“, wie er mit dem Mercedes, besetzt mit vier Personen und dem Gepäck für einen ausgedehnten Skiurlaub in der Schweiz, an den Roundabouts und auf den kurvigen Landstraßen der Cotsworlds die Standesgenossen in ihren Silver Shadows düpierte…
Tempi Passati.
Auf den winzigen Straßen der Cotswolds dürfte der nur 1,82 m breite Shadow sich wie ein Sportwagen gegen den Benz angefühlt haben.
Wie gesagt, ein grandioser Wagen.
Trotzdem war er ein kommerzieller Misserfolg.
Das oben genannte deutsche Design wirkt durchaus auch arrogant, was uns Deutschen, nicht ganz zu Unrecht, gern vorgeworfen wird.
Die Techniker und auch die Designer haben hier sicherlich eine Meisterleistung vollbracht, die Marketingmitarbeiter (wie hießen die damals und gab es die überhaupt?) eher nicht.
Marktanalyse: Wer kauft so ein Auto? Regierungschefs, Königshäuser, Adelige, Wirtschaftslenker, ein paar Schauspieler und Sänger.
Sportler verdienten damals noch nicht so wie heute.
Also recht wenige.
Die Vorkriegswagen waren vergessen, ebenso viele Rennerfolge.
Die Hypercars der Vorkriegsgeneration, SSK, 540K, Duesenberg, Cadillac etc. waren ebenfalls vergessen.
Ein Mythos lebte. Rolls-Royce.
In den 60ern und 70ern rankten in den Köpfen viele Geschichten.
„Ein Maserati, Ferrari, Lamborghini kostet 80.000 Mark. Ein Rolls kostet mindestens 100.000 Mark.“
„Rolls-Royce ist das beste Auto der Welt.“
„Wenn ein Rolls liegenbleibt kommt wird sofort ein Mechaniker mit dem Hubschrauber eingeflogen, egal wo man steht.“
Eine S-Klasse oder ein 911 gingen so bei etwas über 20.000 los. Viel Geld, die Leute sparten auf einen Käfer.
In der absoluten Upper-Class war Rolls-Royce allein. Ein Mercedes war dort so etwas wie ein VW Phaeton in der Oberklasse.
Als der 600 herauskam war sein Konkurrent der Silver Cloud („Baby-Phantom“), für die lange Version der Phantom, der über allem schwebte.
Der Cloud hatte einen Rahmen, eine Starrachse und Blattfedern, sogar Trommelbremsen. Er war etwas kleiner als der kurze 600er.
Dann kam jedoch der Silver Shadow, eine Revolution. Deutlich kleiner aussen, größer innen, Hydropneumatik, selbsttragende Karosserie und so weiter.
Die Rolls-Fahrer liebten ihn.
Es wurde auch immer mehr selbst gefahren, die Zeiten der Chauffeure („man kriegt einfach kein gutes Personal mehr“, also Fachkräftemangel) war so gut wie vorbei. Und dafür war der 600 einfach ein wenig groß.
Und dann hat sich Mercedes noch selbst ein Bein gestellt mit dem W116.
Dagegen wirkte der 600 dann einfach alt.
Rolls hat sich im Design des, in meinen Augen, weit unterschätzten Silver Spirit am Design des W116 orientiert, nur zehn Jahre zu spät.
Heute gibt es genügend „Neureiche“, Tech-Unternehmer, Sportler, Rotlichtkönige, Rapper usw., da lässt sich offensichtlich die Überfliegerklasse leichter verkaufen.