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BMW M5 – eine Übersicht

Der grosse Bruder

Ausnahmsweise steht der grosse Bruder im Schatten. Und grösser als der M3 war der M5 alleweil, nicht nur in der Masse, sondern auch im Alter: Der M3 (E30) wurde im Herbst 1985 präsentiert und ab 1986 tatsächlich gebaut, der M5 wurde schon im Sommer 1985 vorgestellt. Ihm vorausgegangen waren zwei M535i, zuerst auf Basis des (E12 – 1979 bis 1981), dann als E28 (1984 bis 1987). Was aber deutlich erstaunlicher ist: Im Gegensatz zu den ersten M3, die seit zwei, drei Jahren durch die Decke gehen, Tendenz weiterhin steigend, haben die frühen M5 preislich nie abgehoben. Dabei verfügen die ersten M5 doch über den wahren, den wirklich grossartigen Reihen-Sechser, der allein schon mehr wert sein sollte als jeder E30-M3. Nun denn, es ist davon auszugehen, dass auch die M5 bald entdeckt werden von den Auskennerinnen und wahren «petrolheads», denn eigentlich gibt es ja keinen besseren Tourer. Es ist also Zeit für eine Übersicht, wie wir sie schon vom BMW M3 erstellt hatten.

Der erste BMW M5, der 1985 auf der Motor Show in Amsterdam vorgestellt wurde, war unauffälliger gestaltet als der M535i, er unterschied sich von der braven Familien-Limousine nur durch einen dezenten Front- und Heckspoiler, einer Tieferlegung und sanften Radlaufverbreiterungen. Unter dem Blech waren die Veränderung am E28-M5 dann deutlich heftiger, zentral ist selbstverständlich der 3,5-Liter-Reihensechszylinder (M88/3) aus dem M1, der es auf 286 PS bei 6500/min sowie 340 Nm bei 4500/min brachte und den nur gerade 1430 Kilo schweren Bayer über 250 km/h schnell machte. Geschaltet werden konnte ausschliesslich manuell über fünf Gänge. Nur gerade 2145 Exemplare wurden bei der M GMbH in Handarbeit zusammengebaut. Deshalb waren auch intensive Individualisierungen möglich, sogar der Kofferraum wurde auf Kundenwunsch in Leder ausgekleidet. In der Schweiz wurde der M5 offiziell nicht angeboten, in Deutschland kostete er happige 81’000 DM. Gebaut wurde die erste Generation des BMW M5 nur gerade bis 1987.

Im Januar 1988 legte BMW die dritte Generation der 5er-Reihe auf, intern als E34 bezeichnet. Schon im September folgte der M5 als Top-Modell – und das war er wahrlich. Unter der Haube arbeitete wie beim E28 ein Reihensechser, der noch immer auf dem Motor des BMW M1 basierte, im E34 aber deutlich mehr Leistung bieten konnte. Der als S38 B36 bezeichnete Maschine wurde auf 3535 cm3 Hubraum erweitert, dies wurde durch die Vergrösserung des Hubs von 84 auf 86 mm erreicht, wie bisher besass jeder Zylinder seine eigene Einzeldrosselklappe. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger E28 war der E34 nur noch mit Katalysator erhältlich und leistete nun maximal 315 PS, das maximale Drehmoment von 360 Nm stand bei 4750/min zur Verfügung. High-Tech war unbedingt das Saugrohr mit Resonanzaufladung, bei dem die Schwingungen des Saugrohrs im Luftsammler mit drehzahl- und lastgeregelter Schwingrohrlänge für eine Erhöhung des Drehmoments im unteren und mittleren Drehzahlbereich genutzt wurden. Dafür wurde eine zusätzliche, elektronisch gesteuerte Drosselklappe im Luftsammler nötig, die den Ansaugtrakt bei Bedarf in zwei Strömungsbereiche für je drei Zylinder trennte.

Die deutlich steifere Karosserie des E34 bot offenkundig eine klar bessere Basis als der nie für derartige Fahrleistungen ausgelegte E28. Gegenüber dem BMW 535i war der M5 um 20 Millimeter tiefergelegt, serienmässig kam eine Nivearegulierung der Hinterachse zum Einsatz, die 1988 eine absolute Besonderheit darstellte; an der Hinterachse arbeitete ein Sperrdifferenzial mit bis zu 25 Prozent Sperrwirkung. An der Vorderachse sorgten 315 mm grosse Scheiben für Verzögerung, auch hinten waren sie mit 302 mm grosszügig bemessen. Für eine bessere Bremskühlung waren an der Radinnenseite Lüftereinsätze aus Magnesium-Druckguss installiert.

1991 wurde der M5-Motor wurde noch einmal verbessert, die Bohrung wurde um 1,2 auf nun 94,6 mm und der Hub um 4 auf nun 90 mm erhöht. Aus nunmehr 3,8 Litern Hubraum schöpfte der S38 B38 unterdessen 340 PS und stellte schon ab 1800/min ein Drehmoment von 300 Newtonmetern zur Verfügung, das Maximum von 400 Nm erreichte das Triebwerk wie bisher bei 4750/min. Weitere Änderungen am Triebwerk umfassten eine Hochspannungs-Zündanlage mit sechs Einzelzündspulen, ein moderneres Motormanagement sowie spezielle Metallkatalysatoren. Die andere Änderung bestand im adaptiven M-Fahrwerk, das auf der elektronisch geregelten Dämpfersteuerung (EDC) basierte; diese verfügte über drei Kennlinien, die dem Fahrer bereits 1991 die Wahl zwischen mehr Sportlichkeit oder mehr Komfort ließen. Wer es noch sportlicher brauchte, konnte auf das Nürburgring Paket zugreifen, zu dem eine noch sportlichere Einstellung für die Dämpferkontrolle und eine Sport-Servotronic-Lenkung gehörten. Ohja, dann gab es den E34 ja auch noch als Touring, grossartig. Und ab 1994 mit dem mauellen 6-Gang-Getriebe und besseren Bremsen. Ein Cabrio war mal angedacht, es gab auch einen Prototypen. Dafür gab es dann noch fünf Sonder-Editionen: Winkelhock (51 Ex.), Cecotto (22), Naghi Motors (15), 20 Jahre BMW Motorsport (20), Limited (50) und Elekta (20). Insgesamt wurden von der zweiten Generation des BMW M5 bis 1995 doch immerhin 11’989 Stück gebaut.

Dann war zuerst einmal Ruhe. Die vierte Generation des 5ers (E39) wurde schon Ende 1995 eingeführt, doch auf einen M5 mussten die Kundinnen bis im Frühling 1998 warten. Doch was dann kam, war grossartig: Ein 4,9-Liter-V8 (S62 B50) mit vier obenliegenden Nockenwellen und verstellbarem Antrieb (Doppel-Vanos), 400 PS bei 6600/min, 500 Nm bei 3800/min. Geschaltet wurde manuell über ein 6-Gang-Getriebe von Getrag, dazu gab es ein Differential mit 25-prozentiger Sperrwirkung. Der M5/E39 rannte in 5,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bei 250 km/h wurde er elektronisch eingebremst – möglich wären etwa 300 km/h gewesen. Vorne gab es eine Doppelgelenk-Federbeinachse mit Alu-Lenkern, Gasdruck-Stossdämpfern und Stabi, hinten eine schraubengefederte Mehrlenkerachse, wie mit den Gasdruck-Stossdämpfern und Stabi. Bremsen: 345 mm vorne, 328 mm, innenbelüftete Scheiben. Und eine Kugelumlauflenkung mit geschwindigkeitsabhängigem Servo brachte den BMW auf der richtige Spur. Die Limousine – einen Kombinationskraftwagen gab es vom E39 nicht – war ein voller Erfolg, 20’482 Exemplare konnten bis 2003 verkauft werden.

Bei der nächsten 5er-Reihe, dem E60, legte BMW wieder eine kleine Pause ein mit dem M5, das Basis-Modell wurde im Juli 2003 vorgestellt, das Top-Modell folgte dann im Herbst 2004. Aber wieder legte BMW die Latte gleich ein paar Stufen höher, der Antrieb erfolgte über einen 5-Liter-V10-Motor (S85 B50), der es auf 520 Nm bei 6100/min und 507 PS bei 7750/min brachte; abgeriegelt wurde diese Maschine erst bei 8250/min. Das Hochdrehzahl-Aggregat war damals eine grossartige Ingenieursleistung, ganz grosses Kino, die Motorblöcke musste die auf Formel-1-Motoren spezialisierte Giesserei in Landshut herstellen. Ein sequentielles 7-Gang-Getriebe wurde speziell für den M5/E60 entwickelt, für die USA gab es aber weiterhin ein manuelles 6-Gang-Getriebe. Und es gab auch wieder einen Touring (E61), dies dann ab 2007, als der M5 sowieso ein Facelift erhielt. Von E60 wurde bis 2010 stolze 19’523 Einheiten verkauft, dazu kamen noch 1025 E61, also Kombinationskraftwagen.

Es war ein kurzer, auch teurer Ausflug in diese hochtechnologischen Hochdrehzahl-Aggregate, schon bei F10 ruderte BMW wieder zurück, verpasste dem M5 ab 2011 einen weitaus profaneren Doppel-Turbo-Motor (S63). Wohl auch deshalb, weil Mercedes-OMG mit seinen feisten Dickschiffen so richtig Erfolg hatte – proletarische Längsdynamiker, chancenlos in der Kurve, aber halt demonstrativ laut und von der Ampel weg flott. Es gab wieder nur noch acht Zylinder, der Hubraum schrumpfte auf 4,4 Liter, doch dank der doppelten Zwangsbeatmung stieg die Leistung auf 560 PS zwischen 6000 und 7000/min, das maximale Drehmoment von 680 Nm lag zwischen 1500 und 5750/min an. Und der Verbrauch konnte um mehr als 30 Prozent gesenkt werden, zumindest auf dem Papier. Auf ebendiesem, das ja so geduldig ist, war auch die Fahrdynamik nochmals besser, 4,3 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h. Aber: Der F10/M5 war auch gut 100 Kilo schwerer als sein Vorgänger, mit 1945 Kilo Leergewicht war so ein M5 unterdessen ein doch ziemlich adipöses Schlachtross geworden. Einen Touring gab es wohl auch deshalb nicht, weil dann eine 2 vorne gestanden wäre beim Gewicht.

Vom F10 gab es dann ab 2013 das «Competition»-Paket, 575 PS, noch einmal 10 mm tiefergelegt, direktere Lenkung. 2014 erschien das Sonder-Modell «30 Jahre M5», das dann auf 600 PS kam und in weniger als 4 Sekunden aus dem Stillstand auf die 100er-Marke stürmte. Und trotzdem: War der E60 noch eine Limousine mit Sportwagen-Ambitionen gewesen, der seinen Piloten forderte, wurde aus dem F10 mehr der souveräne Cruiser. Das soll seine Qualitäten nicht schmälern, so ein F10 ist ein unfassbares schnelles Gerät, doch der Charakter hatte sich geändert. Das gilt auch für den 2017 vorgestellten F90, der mit dem gleichen 4,4-Liter-V8-Motor antrat (aber als S63 T4 bezeichnet), noch einmal stärker wurde (bis zu 635 PS und 750 Nm im M5 CS) und schneller (2,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h beim M5 CS), aber mit dem serienmässigen Allradantrieb fahrdynamisch auch ausrechenbarer, sprich: langweiliger. Man darf MBW dafür keinen Vorwurf machen, so ein F90/M5 ist allen OMG- und RS-Derivaten um Meilen überlegen, in jeder Hinsicht, auf der Nordschleife kommen auch Fahranfänger mit der Limousine unter 15 Minuten, doch die Faszination ist etwas dahin, da boten E34, E39, E60 schon mehr. Und man kann davon ausgehen, dass es auch diese Baureihen sein werden, die in Zukunft von den Auskennerinnen (wir schreiben ganz bewusst nicht: Sammlern) bevorzugt werden.

Mehr spannende Fahrzeuge finden Sie in unserem Archiv.

1 kommentar

  1. heimo heimo

    Besitze seit 3 Wochen einen 2002 er E39..
    Ein handgeschalteter Traum und der V8….
    Die nächsten 10 Jahre sind mir egal… by

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