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Ferrari 410 Superamerica

Der Wahnsinn jener Jahre

Die «America»-Linie von Ferrari war der nackte Wahnsinn. Schon das erste Modell mit dieser Bezeichnung, der von 1951 bis 1955 gebaute 375 America (wir zeigen einen: hier), war ein absoluter Supersportwagen, wie ihn die Welt damals noch nie gesehen hatte. Der von Aurelio Lampredi konstruierte V12 stammte direkt aus der Formel 1, hatte 4,5 Liter Hubraum und schaffte etwa 300 PS.

Für den 1955 vorgestellten Ferrari 410 Superamerica wurde der Hubraum auf 4962 ccm (Bohrung x Hub: 88 x 68 mm) vergrössert, mit drei Weber-Doppelvergasern (40DCF) und erhöhter Verdichtung (8,5:1) stieg die Leistung auf 340 PS. Geschaltet wurde über ein manuelles Viergang-Getriebe. Das Fahrwerk entsprach mit dem Kastenrahmen, doppelten Dreieckslenkern vorne, einer Starrachse hinten und den Trommelbremsen dem 250 GT, dem Brot-und-Butter-Auto von Ferrari in jenen Jahren. Der Radstand betrug zuerst 2,8 Meter, bei späteren Modellen (Serie 2 und 3) dann noch 2,6 Meter.

Von der ersten Serie der Ferrari 410 Superamerica wurden 1955/56 16 Stück gebaut, 14 davon mit Pininfarina-Karosserie, ein Coupé sowie ein Cabrio von Boano sowie noch ein weiteres Coupé von Ghia. Unsäglich teuer waren sie, die 410 Superamerica, 16’800 Dollar verlangte der amerikanische Importeur Luigi Chinetti 1956 auf der New York Auto Show, das Doppelte wie für einen Mercedes-Benz 300 SL mit Flügeltüren, der ja auch nicht von schlechten Eltern war.

Es geht dabei um folgende Chassisnummern: #0423SA (umnummeriert in #0471SA), #0473SA, #0475SA, #0477SA, #0479SA, #0481SA, #0485SA, #0487SA, #0489SA, #0491SA, #0493SA, #0495SA, #0497SA, #0499SA und #0501SA.

Von der zweiten Serie (1956/57) wurden fünf Stück bei Pininfarina eingekleidet. Hierbei handelt es sich um folgende Chassisnummern: #0671SA (Scaglietti – da gibt es schon eine Story, hier), #0713SA, #0715SA, #0717SA, #0721SA.

Von der dritten Serie, die wir hier zeigen, gab es dann noch einmal 12 Pininfarina-Coupé. Mit folgenden Chassisnummern: #1015SA, #1265SA, #1285SA, #1305SA, #1311SA, #1323SA, #1355SA, #1387SA, #1423SA, #149SA, #1477SA, #1495SAAuch technisch wurden diese letzten Ferrari 410 Superamerica verbessert, es gab grössere Weber-Vergaser (42DCF), also auch etwas mehr Leistung (360 PS, andere Quellen sprechen von 400 PS) und grössere Trommelbremsen. Das war auch nötig, die 4,7 Meter langen und 1,70 Metern breiten 410 Superamerica waren schwer, 1600, vielleicht auch 1700 Kilo, obwohl Ferrari selber ein Leergewicht von 1200 Kilo angab.

Klar braucht das eine Sammlung. Samt Geschichten.

Chassis-Nummer: 0493SA

Auktion: Gooding & Co., Pebble Beach 2024, Schätzpreis 2,75 bis 3,5 Millionen Dollar. Wurde 1955 in Blu Duco (1433) an Kaiser Bai Dai (damals Indochine, heute Vietnam) ausgeliefert, der in Paris lebte. Es gab dann irgendwie Motoren-Probleme, die Motoren von #0493SA und #0450AM (ein 375 MM) wurden getauscht. 1979 kam der Ferrari in den Besitz von Madame Agnes Claudine Muller, blieb also in Paris, wurde 1986 von Gary Drenik zum Verkauf angeboten (für umgerechnet etwas mehr als 72’000 Dollar…). Ab 1991 stand der kaiserliche Superamerica in der Sammlung «Maranello Rosso» von Fabrizio Violati, kam 1994 nach Frankfurt, musste seinen Motor hergeben an #0376AM (also einen 375 MM). 1998 kaufte Tom Shaughnessy den Ferrari, fand Anfang der Nuller-Jahre einen Superamerica-Motor (0495SA), verkaufte kurz darauf an Judy und Alex Albarian.

Chassisnummer: 0497SA
Motoren-Nummer: 0497SA

Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2023, «Lost & Found Collection», no reserve, angeboten mit folgendem Text: «Indubitably rare, this enchanting 410 Superamerica is the 10th of 12 Series I examples bodied by Pinin Farina. According to the research of marque expert Marcel Massini, chassis number 0497 SA entered the Pinin Farina workshop in May 1956, and the coachwork was finished in Blu Artico paint over an interior of Naturale vaumol leather from Connolly. Blu Artico is one of the rarest paint colors to be found on a vintage Ferrari, which therefore endows this car with a very special build provenance.
In October 1956 the Ferrari experienced its most prominent brush with grandeur when it was displayed on the manufacturer’s stand at the Paris Salon. As depicted in a period photograph, the Superamerica and a 250 GT Berlinetta flanked the Superfast concept car, brilliantly conveying the marque’s focal points of competition, luxury, and advanced design. Following this auspicious debut, the 410 was sold new to Samuel Norman, a resident of Geneva, Switzerland. In 1958 the Superamerica was imported to Sweden by the well-known marque distributor Tore Bjurström, and in April 1958 the car was sold to Växjö resident Sven Esmark. Six months later, for reasons unknown the Ferrari was returned to Bjurström. In 1959 the Superamerica was offered by the famed Swedish racing driver Joakim Bonnier, who had made a home in Rougemont, Switzerland. Bonnier was reportedly unable to find a European buyer for the 410, and it was eventually exported to the United States and sold into American ownership. During the 1960s the Ferrari came into the care of the well-known marque collector Carl de Bickero, who resided in Illinois at the time. About a decade later the 410 was sold to racing enthusiast Pete Sherman of Maitland, Florida, by which time the cosmetics had been refreshed in the current color combination of rosso over black leather.
Acquired by Walter Medlin in 1974, the Ferrari went on to enjoy a long sabbatical—49 years of warehouse storage—during which time the car was unfortunately compromised in August 2004 by the brute strength of Hurricane Charley. Despite the car’s current condition, however, it is interesting to note the presence of so many authentic details, like the Talbot side mirror, Marchal lamps, Veglia gauges, and the huge Weber 42 DCZ 3 carburetors».

Chassisnummer: 0671SA

Auktion: RM Sotheby’s, Arizona 2012, verkauft für 1’815’000 Dollar (Story: hier)

Chassisnummer: 1305SA
Dieses Exemplar (Chassis-Nummer 1305 SA) verfügt über einen Aufbau von Pininfarina sowie eine lange Schweizer Geschichte. Ausgeliefert wurde Chassisnummer #1305SA in Nero Tropicale 1959 über die Genfer Garage de Montchoisy an einen gewissen Griffin. Auch der nächste Besitzer war ein Schweizer, Hans U. Maag aus Renens, bevor dann Rob de la Rive Box den Ferrari in die USA verkaufte. Zuletzt stand der Ferrari 410 Superamerica in der Cogan Collection in Louisville/USA – das Museum hatte #1305SA auf einer Auktion 2017 bei RM Sotheby’s für 5’335’000 Dollar ersteigert. 2021 wurde dieser Ferrari 410 Superamerica wieder angeboten, schaffte aber das Mindestgebot von sechs Millionen Dollar nicht (Bilder oben von 2021, Bilder unten von 2017).

Chassisnummer: 1323SA

Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2010, verkauft für 1’760’000 Dollar.

Es ist dies Teil unserer Sammlungen.

3 Kommentare

  1. Gerhard@limousine.ch Gerhard@limousine.ch

    Interessanter Beitrag. Danke. Vermisse allerdings die Bilder. Einen entspannten Ahnend.wünschen wir.
    Gerd Triverio

    • Peter Ruch Peter Ruch

      da gibt es doch: reichlich?

  2. Thomas Erb Thomas Erb

    Danke für den informativen und sehr spannenden Artikel. Es ist immer wieder eine echte Freude diese Texte zu lesen und soviel neues Wissen vermittelt zu bekommen.
    Danke, Danke, Danke,

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