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Fahrbericht Toyota C-HR

Show Car

Als der Toyota C-HR 2016 eingeführt wurde, war das Erstaunen doch ziemlich gross. Beim Design legten die Japaner sämtliche ihre traditionelle Zurückhaltung in den Schrank. Man versuchte gar nicht erst, eine konservative Kundschaft anzusprechen, für einmal zeigten sich die Japaner optisch ziemlich offensiv. Wie sehr diese Entscheidung vom Erfolg des Nissan Juke beeinflusst war, sei jetzt einmal dahingestellt. Es war aber auf jeden Fall der richtige Weg, der C-HR wurde zum Erfolg, auf manchen europäischen Märkten ist er der meistverkaufte Toyota. Und vor allem: 59 Prozent der Kundschaft hatte vorher nie einen Toyota besessen – und allein diese Zahl rechtfertigt das damals durchaus gewagte Projekt.

Nun legen die Japaner den C-HR neu auf – und gaben das Projekt komplett in europäische Hände. Das Design stammt aus Süd-Frankreich, die technische Entwicklung fand ausserhalb von Brüssel statt, gefertigt wird das Fahrzeug in der Türkei. Nur der «Chief Engineer» ist mit Toshio Kanei noch ein Japaner. Doch der C-HR ist mehr als einfach nur ein neuer Toyota: Er dient als Steigbügelhalter für ganz viele neue Entwicklungen des Konzerns, ihm kommen reichlich Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der letzten Jahre zugute. Es sind ganz viele Details, die der Kunde wahrscheinlich gar nicht bemerkt, doch sie helfen dabei, alle zukünftigen Toyota-Produkte nachhaltiger zu produzieren.

Ein paar Beispiele: Die B-Säule wird aus einem neuen hochfesten Stahl hergestellt. Das verbessert die Sicherheit und auch die Steifigkeit des gesamten Aufbaus – und spart 3,5 Kilo Gewicht. Was wiederum 0,35 g weniger CO2-Emissionen pro Kilometer bedeutet. Durch ein neues Verfahren können nun rund 100 Plastikteile mit einem 20-prozentigen Anteil aus recycelten Plastikflaschen hergestellt werden, was zu einer 25-prozentigen Reduktion der CO2-Emissionen in der Produktion dieser Teile führt.  Manchmal sind diese neuen Verfahren nicht einmal ein Tröpfchen auf einen sehr heissen Stein, manchmal schon ein kleines Fläschchen, in der Summe dann tatsächlich ein Fortschritt. Der sich teilweise auch quantifizieren lässt: Dank eines neuen Verfahrens müssen gewisse Teile nicht mehr extra lackiert werden, damit lassen sich über die Lebensdauer des neuen C-HR 566 Tonnen CO2 einsparen. Rund 2000 Komponenten wurden in den vergangenen 2,5 Jahren für den neuen C-HR neu definiert, dann evaluiert, getestet – und kommen jetzt zum Einsatz.

Das macht Toyota: freiwillig. Und betont auch, dass sich viele dieser neuen Entwicklungen erst in fünf Jahren positiv auf Finanz-Rechnung niederschlagen werden. Natürlich muss man sich nun keine Geldsorgen machen um die Japaner, der C-HR ist ein Lifestyle-Produkt und wird wohl auch in Zukunft entsprechend eingepreist (wir kennen die Preise für das neue Fahrzeug noch nicht). Doch es wird im Gespräch mit den verantwortlichen Ingenieuren klar, dass nicht jedes Teil an diesem Fahrzeug aktuell schon gewinnbringend sein muss, man schaut auf das Grosseganze, man hat die CO2-Neutralität vor Augen, man will die «Circular Economy» so bald wie möglich möglich machen.

Ob das auch ein Punkt war, den die Kundenbefragungen zum neuen C-HR ergeben hat, das wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass Toyota für den neuen C-HR aussergewöhnlich aktiv das Feedback der Käuferinnen gesucht hat. Was auch Sinn macht, denn eben: 59 Prozent der C-HR-Fahrer hatten vorher noch nie einen Toyota besessen. Da kann man auf jeden Fall mit frischem Input rechnen, den seit Jahren loyale Kundinnen so wohl nicht einbringen würden. Und man hörte heraus: Der C-HR soll ein Design-Stück bleiben. Der Innenraum soll schöner gestaltet werden. Und das Fahrverhalten soll sportlicher werden.

Gehen wir doch der Reihe nach: Ja, auch der neue C-HR wird weiterhin auffallen. Er bleibt als C-HR erkennbar, doch die Formen sind nun harmonischer, geschliffener, es gibt nicht mehr so viele Sicken und Kanten wie beim Vorgänger. Optisch sehr gut gelungen ist der Heckbereich mit einer interessanten Form von Dachspoiler, einer hohen Abrisskante, einem durchgehenden Leuchtband; zum ersten Mal werden bei einem Automobil die Rückleuchten bis in den Ausschnitt der hinteren Türen gezogen. Zweifarbige Lackierungen betonen den starken Charakter des Fahrzeugs, kräftige neue Farben haben auch ihren Anteil an diesem selbstbewussten Auftritt. 4,36 Meter lang ist der Toyota, bleibt also angenehm kompakt.

Innen sind die Fortschritte eklatant. Interieur-Design gehörte bislang nicht zu den Kernkompetenzen der Japaner, doch im neuen C-HR wirkt die Gestaltung wie aus einem Guss. Es gibt zwar weiterhin viele physische Knöpfe und Schalter, doch da hat man sicher auf die Kundschaft gehört, die sich genau das wünscht. Die verarbeiteten Materialien sind deutlich hochwertiger als auch schon, auch ist der Mix der Materialien nicht mehr so wild wie früher. Ein bisschen verwundert sind wir allerdings über die Abtrennung des Beifahrers, der sitzt wie in einem Kokon, die Platzverhältnisse sind dort trotz 1,83 Meter Breite nicht gerade überragend. Auch hinten würde das Raumgefühl nicht als wirklich grosszügig bezeichnen wollen, was dem mit 2,64 Metern doch eher kurzen Radstand geschuldet ist; Sitz- und sonstige Riesen von mehr als 1,85 Meter Länge werden sich wohl nicht stundenlang in der zweiten Reihe aufhalten wollen. Aber immerhin sehen sie nun nach draussen, was bei der ersten C-HR-Generation eher nicht so der Fall war.

Wir fahren noch so halbwegs getarnte Vorserien-Produkte. Und es fällt schnell auf, dass der auf der bei Toyota allgegenwärtigen TGNA-Plattform basierende C-HR im Fahrverhalten nicht mehr so schwammig ist wie sein Vorgänger. Vorne gibt es weiterhin McPherson, hinten wie bisher eine Multilink-Achse, doch es gibt jetzt eben auch neue Stossdämpfer von ZF mit hydraulischen Ventilen. Das macht den C-HR deutlich stabiler, auch sportlicher – ohne, dass deswegen der Komfort leiden würde. Wir würden uns noch eine direktere Lenkung wünschen, aber eine solche braucht die design-affine Lifestyle-Kundschaft wohl eher weniger – man wird auch den neuen C-HR wohl eher selten auf der Nordschleife sehen.

Dabei: Er ist ja deutlich erstarkt. Die von uns gefahrene Plug-in-Version, deren Technik auch im neuen Prius verbaut wird, kommt auf satte 223 System-PS. So motorisiert, will der neue C-HR in nur gerade 7,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h rennen – damit ist er nun so spurtstark wie er sich optisch darstellt. Es ist ein sehr angenehmer Antrieb, über den der Toyota verfügt, er fährt am liebsten ganz ruhig rein elektrisch. Verlangt es die Pilotin nach mehr Leistung, macht der 2-Liter-Verbrenner sehr spontan mit – und das ohne das nervige Geheule, das früher bei über CVT-Gummibänder geschaltete Antriebe für nur mässige Fahrfreude gesorgt hatte. Nein, totale Sportlichkeit ist weiterhin kein Attribut, das man dem C-HR zuschreiben möchte, aber der Japaner wirkt nun souverän. Was doch ein viel grösseres Lob ist. Neben dem Plug-in-Hybrid gibt es noch zwei Voll-Hybride, einmal mit 1,8 Liter Hubraum und 140 PS, einmal mit zwei Liter Hubraum und doch 198 PS.

Noch wollen wir uns kein endgültiges Urteil zum neuen Toyota C-HR anmassen, die ersten Probefahrten mit den endgültigen Serienversionen finden erst im November statt, das neue Fahrzeug kommt dann Anfang 2024 auf den Markt. Doch es ist den Japanern sicher gelungen, das neue Produkt deutlich zu verbessern, ohne dass es deswegen seinen aussergewöhnlichen Charakter verloren hat. Dass sich Toyota zudem sehr viel Mühe gibt, die Umweltbilanz des C-HR, überhaupt des ganzen Herstellungsprozesses auf ein klar niedrigeres CO2-Niveau zu bringen, darf man auch als grossen Pluspunkt sehen.

Mehr Neuheiten haben wir in unserem Archiv. Und reine Stromer gibt es unter: zero.

1 kommentar

  1. Servus, ich bin beeindruckt von der Tiefe dieses Artikels. Ich hoffe, auf weitere Einblicke. VG

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