Wohnlandschaft
Es ist schon wild, dieses Innenleben des Opel Senator (A1, Jahrgang 1979), grünes Velours allerorten, mehr Fauteuils als nur Sitze, farblich abgestimmte Teppiche (aussen ist Opal-Grün), reichlich Holzimitat. Aber das war in den späten 70ern so, ich erinnere mich an einen Nachbarn mit massgeschneiderter Wohnlandschaft in dunkelbraun/orange, zwar kein Furnier, sondern viel Plastik, mit in die Bücherwand eingearbeitetem Fernseher, mit Teppich bezogene Liegen, es war ein Graus, aber halt Mode damals. Wenn man das heute betrachtet, sieht man das mit einem gewissen Schauern – und ist doch irgendwie fasziniert, es ist der Gegenentwurf zum aktuellen Minimalismus. Und ob nun «veganes Leder» schöner ist als tiefer Velours, darüber liesse sich wohl trefflich diskutieren.
Opel hatte sich mit dem ersten Senator verschätzt. Von den 50er bis Mitte der 60er Jahre war die Rüsselsheimer führender Oberklasse-Anbieter in Deutschland, der Kapitän war eine kleine Ewigkeit der meistverkaufte Sechszylinder. Doch die KAD-Reihe (Kapitän, Admiral und Diplomat) konnte ab 1964 nicht mehr an diese Erfolge anknüpfen, in der Ölkrise von 1973 wurden die Arbeiten für einen Nachfolger eingestellt. Opel sah die im Mai 1978 eingeführten Senator und Monza dann eine Stufe tiefer, gehobene Mittelklasse, als Nachfolger des Commodore B, doch das Publikum und die Presse wollte dieser Strategie nicht folgen, gerade der Senator sah nach Oberklasse aus, bei einem ersten Vergleichstest der «Auto Zeitung» verwies er 1978 einen Mercedes 280 SE und einen BMW 730 locker auf die Plätze, komfortabler war er, dynamischer, dabei deutlich günstiger. Kleine Anekdote am Rande: Bei der Presse-Vorstellung verabschiedete sich anscheinend bei 17 von 21 Fahrzeugen das Getriebe, noch vor Serienanlauf musste auf Schaltboxen von Getrag gewechselt werden.
Opel traute dem Senator (und dem Monza) zu wenig zu, weil sie ja eigentlich «nur» verbesserte Rekord E waren, der Karosserie-Grundkörper wurde unverändert übernommen, nur die Front verlängert, hinten erhielten sie anstelle der Starr- eine Schräglenker-Achse mit neu entwickelten Schraubenfedern («Miniblock»). Als Motorisierungen standen zu Beginn der bekannte 2,8-Liter-Sechszylinder aus dem Admiral/Diplomat mit 140 PS sowie ein neuer 3-Liter mit elektronischer Einspritzung und 180 PS zur Auswahl; geschaltet wurde manuell über vier Gänge. Gerade in der höchsten Ausstattungsvariante CD waren das mit dem 3-Liter sehr feine Fahrzeuge, zu Beginn lagen die Verkaufszahlen auch höher als bei der S-Klasse und dem doppelt so hoch wie beim 7er-BMW, doch weil Opel mit zu wenig Selbstvertrauen antrat, erhielt der Senator bald schon den Übernamen «Luxus-Rekord». Und schon in der zweiten Ölkrise im Herbst 1979 brachen die Verkaufszahlen brutal weg. Davon erholte sich die erste Generation des Senator nicht mehr, der A2 (1982-1986) lief noch schlechter, die zweite Generation (1987-1993) kam dann nie vom Fleck.
Von Opel Classic erhielten wir einen Senator 2.8 S mit Jahrgang 1979 für eine kurze Ausfahrt zur Verfügung gestellt. Doch bevor wir den Opel bewegten, bestaunten wir sicher eine Viertelstunde das Interieur – unglaublich. Die Sitze bieten eine ganz spezielle Form von Seitenhalt, man sinkt so tief ein, dass man sitzt wie in einer Schale. Und wir möchten nicht genau wissen, wie schweisstreibend dieses Velours bei sommerlichen Temperaturen ist. Ein bisschen ungläubig streicheln wir auch das Holzimitat, es ist irgendwie schon erstaunlich, das man solch billiges Plastik einst akzeptiert hat. Sonst sehen wir viel Rekord E, an den Instrumenten wurde gar nichts gemacht, nur der Tacho weist auf eine höhere Endgeschwindigkeit hin.
Die wollen wir aber gar nicht erst erfahren, so ein 45-jähriger Senator reizt nun wirklich nicht zum Heizen. Der Sechszylinder grummelt schön tief schon im Leerlauf, unser Exemplar verfügt über eine damals sehr seltene Viergang-Automatik, die mit einem deutlichen Ruck in D einrastet. Und dann von den 140 PS sowie 218 Nm maximalem Drehmoment sicher einen Drittel irgendwo im Wandler versanden lässt. Aber eben, wir nehmen es mehr so ganz gemütlich, bei 50 km/h dreht der Sechszylinder bei knapp über 1500/min, es wirkt dies alles sehr beruhigend, die tiefen Sitze, die tiefe Tonlage, das dünne Lenkrad – gern würd man sich noch einen Stumpen anzünden, das Fenster öffnen, den Ellenbogen sonnen. Friedlich, gepflegt gondeln wir durch die Landschaft, freuen uns am Komfort, der guten Strassenlage; er könnte sicher auch mehr, schneller, der Senator, doch man muss ja nicht immer mit dem Messer zwischen den Zähnen unterwegs sein. Klar war der Senator damals schon Chefsache, aber mehr so beim Kleinunternehmer, dem Lokalpolitiker, dem Metzgermeister mit drei Filialen – gutbürgerlicher geht eigentlich gar nicht. Und das ist unbedingt als Lob zu verstehen.
Zwar wurden Opel Senator A1 (1978-1982) fast 70’000 Exemplare verkauft, doch heute findet man sie kaum mehr. Das ist irgendwie erstaunlich, denn Rost war nie das Problem, auch die Technik war robust. Es gibt gute Exemplare für weniger als 10k, aber eben, nur noch sehr selten; der Monza ist bei den Liebhabern deutlich beliebter. Wir fuhren diesen Opel bei einer Veranstaltung von Car Design Event in der Loh Collection. Mehr spannende Klassiker haben wir in unserem Archiv.
Zu jener Zeit war doch auch blankes Metall im Innenraum sehr üblich, im erschwinglichen Bereich bis in die 2000er Jahre.
Das waren tolle Autos zum vernünftigen Preis.
Mein beinahe-Schwiegervater fuhr den Nachfolger als 3 Liter 24V mit Automatik sehr lange, ich habe ihn oft gefahren.
Ein Bekannter fuhr den ersten Granada Ghia 3.0 mit Dreigang-Automatik, innen und aussen Blau, ähnlich plüschig. Der war wahnsinnig leise, bei 140 noch gar nicht zu hören.
Schade, dass es solche bezahlbaren 6-Zylinder-Limousinen heute nicht mehr gibt.
Mein Klassenlehrer in der Sekundarschule fuhr genau dieses Ding und auch in der Farbkombination. Ok ich stand schon damals auf Alfa Romeo oder dann, wenn Luxus, auf Cadillac, so ein Opel……na ja. Das Interieur in diesem Velour war halt schon sehr GM. Das gefiel mir!
ER fährt seit 45 Jahren, wird in 45 Jahren immer noch fahren!
Danke für diesen Bericht!
Der ist net schön. Aber er liefert.
Zu der Zeit die Benz E-wig Autos, die Peugeot 504er.. etz.
Was war das, damals?
Das Teil hat gemacht, war da und fuhr 3 Generationen.
Heute? ein Mursk bekommt Durchfall und scheißt seinen hirntoten
Kunden den Täsle ins Gesicht. Und diese Volltrotteln sind noch dankbar,
da SS ihnen die Werbefaust in den Arsch fährt, damit sich diese Kaschperln
brav bücken und für den obsoleten hirntoten Müll jeden Preis zahlen.
Trotteln müssen sich in ihrer engen Bubble bewegen.
Der Opel war Beständigkeit.
Etwas, das ein 10000 und erstes Irgendwas aus China oder sonnst wo nicht hat.
So.
Alfa 166 V6. Spät aber doch. Ich liebe den. 2000 er.
Der BMW 330er freut sich.
Was genau soll an den Müllautos 2024 den toll sein?
Was?
Nichts.
Im Übrigen kaufe ich die nächsten 4 Jahren nichts und null aus Amerika.
Weil ich unfähig und dumm nicht bezahle.
Ich bin ja kein Leichenfledderer.
MAKE EUROPE BIGGER THAN EVER. Rendons L‘ Europe encore meilleure.. Ciao..
Lg 🙂
Der Innenraum ist halt „plüschig“, so ein wenig amerikanisch, oder halt so, wie man sich das damals in D. so vorstellte.
Obwohl, in meinem Dino gibt es einen orangefarbenen Teppich zu sandbeigen Sitzbezügen, sandbeiges Kunstleder, schwarze Kunstoffe in Mittelkonsole und Armaturenbrett und Teakholz auch im Armaturenbrett – und das war 1969. Also, so daneben ist der Senator dann wohl doch nicht….Kunststoffholz braucht auch keine Behandlung mit Möbelpolitur und Teaköl!
War aber ein gutes Auto von Opel, dem Zuverlässigem! Mein Vater bekam einen 1979 als Firmenwagen, 3.0 CD mit Automatik und Schiebedach. War für uns damals so der „Ministraßenkreuzer“ für Europäische Straßen.