Der Gipfel
Blättern wir doch zuerst ein paar Seiten zurück in der automobilen Geschichte. In Sachen Konstruktionen gab es so ziemlich alles, was man sich nur vorstellen kann. Der vorne eingebaute Motor mit Heckantrieb war während Jahrzehnten das vorherrschende Prinzip, ganz besonders im Rennsport. 1933 baute Auto Union dann seinen 16-Zylinder-Rennwagen im Mittelmotor-Anordnung, und das Teil war zwar schwer fahrbar, doch in Sachen Gewichtsverteilung zeigte es sich der Konkurrenz überlegen. Ab 1955 konstruierte dann Cooper Formel-Rennwagen mit Mittelmotor (der deshalb so heisst, weil sich der Motorschwerpunkt vor der Hinterachse befindet). Es dauerte nicht lange, bis sich diese Bauweise durchsetzen konnte; 1958 gewann Stirling Moss erstmals einen Grand Prix mit einem Mittelmotor-Cooper, 1959 wurde Jack Brabham auf einem Cooper-Climax Weltmeister. Auch bei den Sportwagen setzte sich die Mittelmotor-Bauweise schnell durch. Der endgültige Durchbruch geschah mit dem ersten Le-Mans-Sieg des Ford GT40 im Jahre 1966.
Es soll aber schon Anfang des Jahres 1965 gewesen sein, als sich der damals 29-jährige Gian Paolo Dallara, Chefkonstrukteur bei Lamborghini, der gleichaltrige Paolo Stanzani, Assistent von Dallara und Produktionsleiter bei Lamborghini, und der Neuseeländer Bob Wallace, Renn- sowie Testfahrer bei Lamborghini, eines schönen Feierabends zusammensetzten und über das Leben allgemein sowie die Zukunft von Lamborghini im Speziellen sprachen. Zwar hatten sie eben erst dem 350 GT zum Laufen gebracht und arbeiteten schon fleissig an den verbesserten 400 GT sowie 400 GT 2+2, doch die drei Jungs wussten ja auch, was auf der Rennstrecke gerade angesagt war. Und, Hand aufs Herz, ein hübscher Gran Turismo wie der 350 GT mochte ja ganz nett sein, aber nett ist auch die kleine Schwester von Scheisse (das sagen jetzt nicht wir, sondern zitieren hier einen Liedtext von «Songs for Joy»). Gut, es gab da schon den ATS, aber das ist eine andere Geschichte…
Sie zeichneten ein Layout eines neuen Sportwagens, und diese Zeichnungen waren ziemlich radikal. Nein, sie waren extrem radikal – noch nie hatte jemand auch nur im Ansatz versucht, so ein Fahrzeug auf die Strasse zu bringen. In erster Linie ging es um den Einbau des Motors: Nicht vorne längs sollte der bekannte 3,9-Liter-V12 liegen, sondern in der Mitte, noch vor der Hinterachse, quer. TP nannten die drei jungen Enthusiasten diese Konstruktion, transversale posteriore (und dann wissen wir jetzt auch gerade, woher die Bezeichnung LP bei den neuen Lamborghini kommt). Die Maschine lag so nah an der Schottwand zum Passagierraum, dass die beiden Passagiere den Motor quasi riechen konnten. (Bilder unten: ein 67er Miura P400.)
Das Trio baute ein «rolling chassis», und allein schon diese Arbeit war ein Meisterwerk. Ein Gehäuse, in dem Kupplung, ein selber entwickeltes Fünfgang-Getriebe und ein ZF-Differential untergebracht waren, wurde direkt an den Motor angeflanscht und zusammen mit dem Kurbelgehäuse des Motors gegossen. Die Schaltzüge des Getriebes verliefen mitten durch den Motorblock. Motor, Getriebe und Differential wurden aus der gleichen Ölwanne geschmiert (eine ähnliche Konstuktion hatte Sir Alec Issigonis 1959 schon für den Mini verwendet). Bei den ersten drei Miura-Modellen soll sich die Kurbelwelle noch gegen den Uhrzeigersinn gedreht haben. Doch damit war der Lauf anscheinend zu unruhig. Für die Beatmung des Motors sorgen unter anderem Lufteinlässe in den Türschwellen.
Eine wilde Konstruktion von gelochten und gebogenen Stahlprofilen sowie abenteuerlich miteinander verschweisste Stahlbleche bildeten den Unterbau, eine selbsttragende Konstruktion mit einem Radstand von nur 2,46 Metern, die im Bereich des Passagierraums ein Monocoque bildete. Der Kenner erkannte sofort, dass da die Luftfahrt einen grossen Einfluss hatte – was nicht weiter verwundert, denn Dallara hatte ja nicht Automobil-, sondern Flugzeug-Ingenieur studiert. Das Fahrwerk mit den doppelten Dreiecksquerlenkern, Federbeinen, Stabilisatoren vorne und hinten sowie rundum Scheibenbremsen wurde einigermassen unverändert vom 350 GT übernommen. Neu war einzig eine moderne Zahnstangen-Lenkung. (Bilder unten: ein 69er Miura P400S, #4262.)
Der V12 selber, dessen Grundkonstruktion noch von Giotto Bizzarini stammte, erhielt vier Fallstrom-Dreifachvergaser von Weber. Bei 7000/min kam die Maschine auf 350 PS, oder vielleicht auch nur 325 PS – da gehen die Angaben etwas auseinander. Als Dallara, Stanzani und Wallace dieses «rolling chassis» wahrscheinlich im Sommer 1965 erstmals Ferruccio Lamborghini vorstellten, erwarteten sie ein grosses Donnerwetter, weil sie ja wussten, dass der Chef so gar nicht auf Rennsport stand, und auch einer Idee eines Supersportwagens für die Strasse würde er wohl nichts abgewinnen können. Ferruccio war zwar nicht begeistert von der Eigeninitiative des Trios, doch er erkannte das Potential des Tipo 105, wie er den Entwurf in die Bücher eintragen liess, und gab grünes Licht für die weitere Entwicklung. (Bilder unten: ein nicht ganz sauberer Miura P400S von 1971, aber immerhin in einem schönen Blu Chiaro.)
Im Herbst 1965 stand das «rolling chassis» auf der Turiner Motor Show. Und wer auch nur ein bisschen Ahnung hatte, was da von Lamborghini geschaffen worden war, musste begeistert sein. Wie viele Vorbestellungen es gab, weiss man nicht mehr, doch der Publikumserfolg ermunterte Lamborghini, sofort einen Designer zu suchen für den Tipo 105. Schwer war das nicht, denn die italienischen Studios standen bereits Schlange in Sant’Agata: Diese Chance wollte sich niemand entgehen lassen. Den Zuschlag erhielt Nuccio Bertone, anscheinend deshalb, weil er Ferruccio Lamborghini gesagt haben soll: «Ich kann Ihnen den Schuh machen, der zu Ihrem Fuss passt.» Bertone übergab das Projekt seinem erst kürzlich ernannten neuen Designchef, dem damals erst 27-jährigen Marcello Gandini. (Bilder unten: ein 71er Miura P400SV, #4942.)
Böse Zungen behaupten, Gandini habe sich an Zeichnungen von Giorgetto Giugiaro orientiert, die jener noch zu Papier gebracht hatte, bevor er Bertone verliess und sein eigenes Studio Italdesign etablierte. Genau werden wir das wohl nie erfahren, doch was Gandini dem «rolling chassis» überstülpte, war mindestens so sensationell wie die Konstruktion des unterdessen P400 genannten Wagens. Innert nur vier Monate entstand nicht nur das Design, sondern in Grugliasco bei Turin auch die Karosserie, die zum grössten Teil aus Alu gefertigt wurde. Fertig wurde der Wagen erst wenige Tage vor dem Genfer Salon 1966 – und dann wiederholte sich die Geschichte. Wie schon beim 350 GTV passte auch beim Miura getauften Modell der Motor nicht auf Anhieb in die Karosse, und so stand der Wagen ohne den 3,9-Liter-V12 bei Lamborghini auf dem Stand. Damit niemand sah, dass sich kein Motor am vorgesehenen Ort befand, wurden wieder einmal die bei Lamborghini anscheinend allerorten herumliegenden Keramik-Platten in den Wagen gepackt; das Standpersonal wurde angewiesen, dass ganz besonders Journalisten dem Ausstellungsstück nicht zu nahe kommen durften. (Bilder unten: ein 71er Miura P400S, #4782.)
Ach, was wollen wir noch sagen über dieses Design? Der Miura ist sicher eines der schönsten, aufregendsten, herrlichsten Fahrzeuge aller Zeiten. 4,36 Meter lang, 176 Meter breit und nur 1,05 Meter hoch – ein Traum, auch heute noch. Beim Serienmodell betrug der Radstand 2,50 Meter, doch auch das ist immer noch kurz, und der Lamborghini erscheint deshalb gleichzeitig filigran wie auch sehr aggressiv. Und bei jedem anderen Fahrzeug hätte man über die schwarze Jalousie über der Heckscheibe gelacht, doch beim Miura sah sie nicht nur gut aus, sondern sorgte auch noch dafür, dass die heisse Abluft des Motors kontrolliert abgeleitet werden konnte. Und ganz hinten, hinter dem Mittelmotor, gab es sogar noch einen einigermassen respektablen Kofferraum; wie viele Golfsäcke da reinpassen, das wissen wir nicht, damals war solches noch nicht so wichtig wie heute. Schön auch die Türgriffe, die sich hinter Lamellen hinter den Seitenscheiben verbargen – und spannend die liegenden Scheinwerfer, die sich mit einem Rückwärtssalto aufklappten. Sofern sie das auch tun wollten.
Doch Dallara und Stanzani hatten das Lamborghini-Werk in Sant’Agata unterdessen auf ein Qualitätsniveau gebracht, das es in der italienischen Automobilindustrie vorher noch nie gegeben hatte. Die Miura waren zwar delikate Maschinen, doch der V12 war standfest, die Verarbeitung sehr sauber. Die ersten Miura wurden mit einer Stahldicke von 0,8 Millimeter gefertigt, doch noch vor dem Anlauf der Serienproduktion (das erste Fahrzeug wurde erst am 29. Dezember 1966 an den Händler Lambocar in Mailand ausgeliefert) wurde die Stahldicke auf 0,9 Millimeter verbessert, und ab dem 125. Exemplar waren es dann gar 1 Millimeter. Auch wurde bei den Produktionsmodellen die Dachlinie um einen Zentimeter erhöht (der Wagen war trotzdem nur 1,06 Meter hoch), und dafür die Sitze um einen Zentimeter tiefer gelegt. Viel Platz hatte man aber trotzdem nicht im Miura – und nur wenige Zentimeter hinter dem Ohr das Fahrers befand sich die Auslassnockenwelle, sprich: Das Vieh machte einen gigantischen Lärm. Etwas optimistisch nannte Lamborghini ein Leergewicht von unter 1000 Kilo (es waren wohl eher 1,2 Tonnen), einen Wert von 5,0 Sekunden für den Paradesprint von 0 auf 100 km/h (die Schweizer «Automobil Revue» schaffte 1967 tatsächlich einen Wert von 5,1 Sekunden, während die «Motor Revue» auf 6,5 Sekunden kam) und eine mögliche Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h.(Bilder unten: ein 71er Miura P400SV, #4912.)
Leider sind es bald 20 Jahre, dass wir zuletzt einen Miura fahren durften. Und es war ein wilder Ritt, damals, denn es regnete nicht einfach, es schüttete, und die eher winzig dimensionierten Scheibenwischer brachten das Wasser kaum weg. Die für die urige Kraft des Lamborghini ziemlich schmalen Reifen hatten wenig Grip, es war ein fröhliches Rutschfest, und das mag man in einem Mittelmotor-Auto nicht besonders. Als es dann ein wenig aufklarte, durften wir auf einer italienischen Autobahn dann etwas flotter unterwegs sein, doch wir müssen zugeben: So richtig Spass machte es nicht, denn der frühe P400 – es war, so weit ich mich erinnern kann, ein 67er-Modell – wurde bei Geschwindigkeiten ab 180 km/h vorne sehr leicht, fast, als ob er abheben wollte. Was auf feuchter Strasse ein ziemlich mulmiges Gefühl gibt. Die sehr tiefe Sitzposition und die Enge des Innenraums verbesserten die Gefühlslage nicht unbedingt. Was wir aber nie vergessen werden: den Sound. Dieses herrliche Brüllen, Schmatzen, Kreischen, Röcheln direkt am Ohr, das ist einmalig. Selbstverständlich würden wir nur zu gern wieder einmal Miura fahren. Angebote nehmen wir gerne unter office@pruductions.ch entgegen.
Auch wenn der Miura 1966 die Welt der Sportwagen auf den Kopf stellte – Ferrari sah tatsächlich für einmal ziemlich alt aus – so wagen wir die Aussage, dass er wohl nicht sehr oft sehr schnell bewegt wurde. Ein Grund dafür war, dass er ziemlich absurd teuer war. Mit einem Basispreis von 75’500 Mark kostete er in Deutschland noch einmal 20’000 Mark mehr als der schon nicht günstige 350 GT. In den USA wurden exakt 20’000 Dollar verlangt – dreimal so viel wie der edelste Cadillac. Es waren vor allem die Schicken und Reichen, die sich einen Miura leisten konnten. Der Schah von Persien hatte zwei (einen davon anscheinend in seinen Schlafgemächern), Rod Stewart kaufte einen, Dean Martin und auch Frank Sinatra. Innen soll sein Gefährt, je nach Quelle, entweder mit Wildsauleder oder vielleicht auch Leopardenfell ausgeschlagen gewesen sein. Aber Frankie sagte auch etwas Schönes: «Wenn du jemand sein willst, kaufst du einen Ferrari – wenn du jemand bist, einen Lamborghini». (Bilder unten: ein 72er Miura P400SV, #3673.)
Die Presse überschlug sich fast mit Lob, als sie dann, zumeist erst 1967, erstmals Hand an einen Miura legen durfte. Gewohnt zurückhaltend blieb die Schweizer «Automobil Revue» in einem ersten Kurztest in der Ausgabe vom 2. Februar 1967: «Dem Konstrukteur ist es mit diesem Fahrzeug gelungen, den Komfort eines Gran-Turismo-Wagens für den Normalgebrauch mit den Leistungsmerkmalen eines ausgesprochen sportlichen Boliden zu verbinden und die Vorteile des den Rennwagen vorbehaltenen Zentralmotors voll auszunutzen». Enthusiastischer äusserte sich Willy Lanek in der Zeitschrift «hobby», ebenfalls 1967: «Auf der Autobahn Mailand-Turin war ich mit dem hobby-Testteam dabei, den Miura durchzumessen. Beim Tachovergleich 200 km/h heulte ein Mehrklanghorn hinter uns auf, und ein sehr bekannter und schneller Sportwagen rauschte vorbei. Beim Hörnerklang sträubten sich die Hörner des Kampfstieres Miura, ich rief: Uhren weg, festhalten, und war bereits im Windschatten des Superschnellen. Der hatte sein Gaspedal in den Boden gerammt, wie wir an dem leichten Ölschleier auf unserer Windschutzscheibe feststellen konnten. Aber es reichte nicht, denn wie der Blitz waren wir an ihm vorbei. Kunststück,wenn der Wagen mit der schnellen Achse etwa 300 km/h schnell ist!» Doch es gab auch Kritik, jene, die wir auch erfahren durften. Jose Rosinski, ein Rennfahrer, schreib 1970 in «Sport Auto»: «Plötzlich hatte ich über das Lenkrad keinerlei Kontakt mehr zur Strasse, und vor meiner Fronthaube ersetzte der blaue Himmel das graue Band der Autobahn – die Front hatte sich vom Boden abgehoben!» Rosinski schaffte bei seinen Messungen aber trotzdem sagenhafte 289 km/h Höchstgeschwindigkeit, dies allerdings bereits in einem Miura P 400 S.
Vom P400 wurden zwischen 1966 und 1969 stolze 474 Exemplare (475, aber darauf kommen wir noch) gebaut – ein grossartiger Erfolg. Ferruccio Lamborghini hatte mit maximal 50 Stück gerechnet. Die Version S wurde im November 1968 auf der Turiner Motor Show präsentiert und kurz darauf auf den Markt gebracht. Sie ist äusserlich an den verchromten Scheibenrahmen erkennbar; die Scheiben liessen sich jetzt elektrisch versenken, dies aber nur gegen Aufpreis. Einen Aufpreis kostete auch die Klimaanlage, die das Leben im lauten und heissen Miura deutlich angenehmer machen konnte. Unter dem Blech gehörten die jetzt innenbelüfteten Scheibenbremsen, die überarbeitete Hinterachse, ein steiferes Chassis und stärkere Antriebswellen zu den wichtigsten Veränderungen. Doch vor allem erhielt der P400 S etwas mehr Leistung: 370 PS waren es nun. Produziert wurde der S bis März 1971, 140 Stück wurden hergestellt, darunter jener, den Frank Sinatra kaufte (Chassisnummer 4407). (Bilder unten: ein 71er Miura P400SV, #4946.)
Aber damit war das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Auf dem Genfer Salon 1971 stand der P400 SV (was für «Super Veloce» steht – oder vielleicht auch für «Spinto», getrieben, und dann «Veloce»?) mit weiter gesteigerter Leistung, 385 PS bei 7850/min waren es nun. Von aussen war der SV am Wegfall der Augenwimpern rund um die Scheinwerfer erkennbar sowie an den sanft ausgestellten hinteren Kotflügeln; die Spur hinten war etwas breiter, die unteren Querlenker wurden modifiziert. Insgesamt 150 SV wurden offiziell gebaut, bei den letzten 96 Exemplaren wurden Motor und Getriebe aus verschiedenen Ölwannen versorgt, auch Wunsch gab es auch eine Trockensumpf-Schmierung. Und ein Sperrdifferntial von ZF. 1973 war dann offiziell Schluss mit der Miura-Produktion, denn es war auch das Ende von Ferruccio Lamborghini als Firmeninhaber. Es heisst aber, dass in Sant’Agata auf besonderen Kundenwunsch noch bis 1975 Miura gebaut wurden, doch in den Büchern sucht man vergeblich nach genaueren Angaben zu diesen Fahrzeugen.
Doch es gab auch noch ein paar höchst interessante Einzelstücke. 1968 präsentierte Bertone einen Roadster auf Basis des P400; dieses Fahrzeug kam nie nach Sant’Agata, Ferruccio sah es anscheinend erst anlässlich der Präsentation in Brüssel im Januar 1968, und deshalb fehlt es wohl auch in der offiziellen Geschichtsschreibung (die Chassisnummer ist allerdings bekannt, 3498). Anscheinend soll Bertone schon während den Öffnungsarbeiten gemerkt haben, dass dieser Roadster keine Chancen auf eine Serienfertigung haben konnte, er war einfach zu wenig stabil. Deshalb wurde der Wagen schnell verkauft, an die International Lead and Zinc Research Organization (ILZRO), die ihn als Ausstellungsstück benutzte und «Zn75» taufte. Das Fahrzeug existiert heute noch – das Fahrzeug steht unterdessen als Leihgabe im Museum in Sant’Agata. Es gab zwei weitere offene Miura, einem wurde in den 70er Jahren in Kalifornien das Dach rausgesägt. Ein zweiter wurde 1981 von einem Schweizer Lamborghini-Händler «eröffnet» und sogar am Genfer Salon ausgestellt.
Wie geschrieben: der Roadster ist jetzt im Lamborghini-Museum in Sant’Agata zu bewundern.
Ein anderes Einzelstück war der heftig bespoilerte Jota, den sich Bob Wallace, der legendäre Lamborghini-Testfahrer, 1970 so ein bisschen in Eigenregie als potenzielles Rennfahrzeug zusammenbaute. Es war dies ein später SV (Chassisnummer 5084) mit Trockensumpf-Schmierung, der etwa 420 PS stark gewesen sein soll und dank der extrensiven Verwendung von Alu (auch beim Chassis) sowie Plexiglas-Bremsen (!) auf ein Leergewicht von unter 900 Kilo kam. Interessant die technische Lösung, die Wallace für den Tank anwandte: er verbaute zwei 60-Liter-Tanks anstelle des beim Miura sonst im Vorderwagen angebrachten Behältnisses – und zwar in die Seitentüren. Wallace will diesen Jota, der später an einen guten Kunden verkauft wurde, der ihn kurz darauf in der Nähe von Brescia komplett zerstörte, in nur 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt haben. Aber Wallace nahm es allgemein nicht so ganz genau mit den Zahlen, er erzählte auch, dass er jeweils in zwei Stunden und 20 Minuten von Sant’Agata nach Rom habe fahren können, und in 38 Minuten von Modena nach Mailand, was einen Durchschnitt von 268 km/h entsprechen würde. Da muss er aber viel Rückenwind und Heimweh und Abendsonne gehabt haben, der Mister Wallace, der 2013 verstorben ist.
Nach dem Vorbild des Jota wurden schliesslich noch fünf SV zu SVJ umgebaut. Zwei davon basierten auf noch ungebrauchten Chassis (Chassisnummern 5090 und 5100), die anderen drei (Chassisnummern 4934, 4860 und 4990) wurden von SV-Varianten her nachträglich produziert, einer davon (4934) für den Schah von Persien. Nur der Wagen mit der Chassisnummer 5084 verfügte über die Trockensumpf-Schmierung. Und nein, damit ist die Miura-Geschichte noch nicht zur Ende: Irgendwann zwischen 1983 und 1987 liess sich der damalige Lamborghini-Besitzer, Jean-Claude Mimran, noch einen SVJ bauen, auf Basis eines ungebrauchten S-Chassis. (Wir zeigen hier jetzt noch zwei «SVJ», zu denen man sich seine ganz eigene Meinung bilden kann. Zuerst #4280:
Und dann auch noch #4892…)
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