Zurück zum Content

AC MA-200 Prototype

Das Einhorn

Heute sind Prototypen wunderbare, aber oft auch schwer fassbare Dinge. Von Genf bis L.A., New York und Paris lassen die Hersteller spärlich bekleidete Models die Seidentücher von den Kurven ihrer Zukunftsfantasien ziehen, während die Auslöser der Kameras klicken und ein Chor von Beifallsbekundungen und Zustimmungsrufen ertönt. Die Designer und Konstrukteure können sich austoben, ihre Ideen müssen keinen Sicherheitsvorschriften genügen, unter den Motorhauben befindet sich oft nur warme Luft und schöne Theorie.

In den 60er und 70er Jahren war es jedoch noch üblich, dass Prototypen repräsentativ für das fertige Produkt waren, dass es auch einen passenden Antrieb zu den atemberaubenden Formen gab. Das hatte seinen Grund auch darin, dass gerade die kleinen Hersteller gar keine Ressourcen hatten für die Produktion schönen Scheins – der Prototyp war die Blaupause des zukünftigen Modells. Ein solches Beispiel ist der grandiose Prototyp AC MA-200, der 1962 entwickelt wurde.

Die 200 können wir auch nicht erklären. MA steht aber für den ehemaligen MIG-Flugzeugingenieur Zdislaw Teofil MArzewski – und was der Russe da ab 1962 konstruierte, war der zeitgenössischen Konkurrenz sowohl in Bezug auf das Design als auch auf die Technik weit voraus. Eine Aluminiumkarosserie umhüllte ein Space-Frame-Chassis, das mit einer schraubengefederten Innenaufhängung im Stil der Formel 1 ausgestattet war, hinten gab es innenliegende Scheibenbremsen. Dies war für die damalige Zeit modernste Technologie und zeigte bestens das technische Know-how von AC.

Böse Zungen sehen im Marzewski-Design frappante Ähnlichkeiten mit dem Maserati Mistral mit Frua-Karosserie, der im gleichen Jahr, also 1963 vorgestellt wurde. AC arbeitete ja später tatsächlich mit Pietro Frua zusammen, der von 1965 bis 1973 gebaut AC 428 war auch als AC Frua bekannt, doch es weist nichts darauf hin, dass Marzewski Kenntnis hatte vom Mistral. Verglichen mit dem Maserati bietet der MA-200 ein weicheres Seitenprofil und eine elegantere Heckpartie, mehr Einfluss dürfte da der Aston Martin DB4 von Touring gehabt haben. Der AC-Prototyp sieht schlicht und einfach gut aus, weist traditionelle Roadster-Linien auf, die auch heute noch elegant wirken.

Auf jeden Fall war der MA200 in jeder Hinsicht eine deutliche Abkehr vom seit 1953 produzierten Ace, dessen dringend benötigter Nachfolger er ja auch werden sollte. Während viele Berichte darauf hindeuten, dass der Wagen ursprünglich mit einem traditionellen, 165 PS starken Flat-Six-Motor ausgestattet werden sollte, erhielt Marzewski noch während der Konstruktionsphase einen geänderten Auftrag und entschied sich für einen 289er-Ford-V8-Motor, der wesentlich fröhlichere 270 PS leistete. Aber warum wurde trotz grossen Zuspruchs auf den Prototypen nur ein einziges Exemplar des MA-200 produziert, das der Vorsitzende von AC, William «Derek» Hurlock, nach seiner Fertigstellung einige Jahre lang als Privatfahrzeug nutzte? Man darf (oder muss) davon ausgehen, dass es die überwältigende Nachfrage von Shelby America nach dem Ace war, die dazu führte, dass das Projekt MA-200 auf Eis gelegt wurde. Die kleine Fabrik in Thames Ditton hatte schlicht nicht die Kapazität für ein neues Modell – und das wurde dann auch zu ihrem Schicksal.

Der MA-200 blieb bis 1968 bei Derek Hurlock, dann verkaufte er ihn an den ersten privaten Halter, Dr. Roger Field aus Kent. Field behielt den Wagen bis 1983. In dieser Zeit liess er den originalen Motor gegen einen grösseren 302ci-Ford-V8 austauschen. Der Wagen verbrachte eine längere Zeit in einem Lager, bevor er 1983 zu seinem zweiten privaten Halter, dem AC-Liebhaber Peter Hague aus Chichester, wechselte. Unter Hague erhielt der Wagen einen neuen Motor sowie eine frische Lackierung in der Originalfarbe Princess Blue. Die historische Bedeutung des Wagens war einige Jahre lang unterschätzt worden, und obwohl der MA-200 zum Zeitpunkt des Kaufs durch den heutigen Besitzer durchaus vorzeigbar war, fehlte es ihm an Aufmerksamkeit.

Der aktuelle Besitzer erwarb den Wagen 2006. Als AC-Liebhaber, SAAC-Mitglied und bedeutender US-Autosammler war er in Grossbritannien auf der Suche nach einer Cobra, die er seiner Sammlung hinzufügen wollte. Als er auf eine Kleinanzeige für einen kuriosen AC V8-Prototyp stiess, begann er, das unbekannte Fahrzeug zu recherchieren. Als er Licht in dessen Vergangenheit gebracht hatte, kaufte er den Wagen und kehrte mit ihm nach Florida zurück. Als akribischer Sammler mit einer Leidenschaft für Originalität beschloss er, den Wagen so zu restaurieren, dass er wie neu aussah. Das bedeutete, dass der falsche Motor ausgebaut und ein Ersatzmotor beschafft werden musste, der nur 218 Exemplare vor dem gestempelten Originalmotor und höchstwahrscheinlich am selben Tag hergestellt wurde.

Weitere Nachforschungen wurden angestellt, einschliesslich einer Reise zurück nach Grossbritannien, um den Sohn eines der Ingenieure zu treffen, der ursprünglich am MA-200 gearbeitet hatte; eine lohnende Reise, die eine Fülle von Werkszeichnungen und Blaupausen lieferte, die das Auto heute begleiten. Der mehrfach ausgezeichnete Creative Workshop in Florida wurde mit der umfassenden Restaurierung beauftragt, die sich über drei Jahre erstreckte und mit Fotos und Videos ausführlich dokumentiert ist.

Nach der Fertigstellung wurde der Wagen zum renommierten Amelia Island Concours d’Elegance im März 2010 eingeladen, wo er die prestigeträchtige Auszeichnung Best in Class erhielt. Zu den weiteren Erfolgen bei Concours gehörte die höchste Auszeichnung beim 36. Concours d’Elegance of America. Seitdem wurde der MA-200 nur noch selten benutzt, befindet sich aber weiterhin in einem Concours-Zustand, der einen faszinierenden Moment in der Geschichte widerspiegelt.

Wir bedanken uns bei DK Engineering, die uns dieses Fahrzeug zur Verfügung gestellt haben. Mitarbeit Text: Zaid Hamid. Wir machen auch gerne den ganz direkten Kontakt, falls sich jemand ernsthaft für den Kauf dieses Prototypen interessiert: office@pruductions.ch. Mehr AC Cars und andere feine Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.

Gib als erster einen Kommentar ab

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.