«f***ing quick»
Die Japaner denken anders. Klar. Marketing kennen sie auch, aber das mit den Emotionen ist nicht so ihr Ding. Automobile sind Mittel zum Zweck, auch dann, wenn sie etwas sportlicher sein dürfen. Die ersten Evo-Versionen des Lancer baute Mitsubishi nur deshalb, weil sie ein Rallye-Fahrzeug homologieren mussten – vom Verkaufserfolg waren sie dann selber überrascht. Aber dass die Amerikaner und Europäer auch solche Fahrzeuge haben wollten, das war den Japaner anfangs völlig unverständlich: Kult kennen sie nicht. Oder anders: Sie mussten erst lernen, wie das funktioniert. Wir wollen hier auf die lange Geschichte des Mitsubishi Lancer Evo zurückblicken, auch den Versuch einer Erklärung wagen, wie der Japaner zum Kult wurde – und wie er sich entwickelte.
Doch wir müssen noch weiter vorne beginnen: In Japan kamen die Mitsubishi Lancer (A70) schon ab 1973 auf den Markt, bis sie in Europa eintrafen, sollte es aber bis 1977 dauern. Das Basis-Modell, damals als untere Mittelklasse bezeichnet, verfügte über einen 1,2-Liter mit 55 PS, die stärkste Version mit einem 1,4-Liter kam auf doch ganz nette 85 PS. In der zweiten Generation (1979-1983) wurde es dann schon sportlicher, der 2000 ECI schaffte mit einem 2-Liter-Turbo beachtliche 170 PS, das war eine gute Ansage. Bis aber das erste Evo-Modell vorgestellt wurde, waren die Lancer schon der fünfter Generation angelangt (CB1A-CD8A, 1991-1996).
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Mitsubishi Lancer Evo I
Die ersten Mitsubishi Lancer «Evolution» kamen im Oktober 1992 auf den Markt – und sorgten sofort für viel Aufsehen, nicht nur in Japan. Nicht nur, dass ein 2-Liter-Turbo (4G63, wurde auch im Galant verwendet) stolze 247 PS bei 6000/min und ein maximales Drehmoment von 309 Nm bei 3000/min produzierte, es gab auch Allradantrieb und vor allem ein aktives Differential. Das hatte einen ganz simplen Hintergrund: Ab 1993 waren die Japaner auch in der Rallye-WM dabei. Sie schafften auch einige Podestplätze, mussten aber auch reichlich Lehrgeld bezahlen, denn die Technik war kompliziert. Vom Mitsubishi Lancer Evo I wurden zwei Serien angeboten, der doch ziemlich luxuriöse GSR, der als Stufenheck-Limousine sogar über einen Heckscheibenwischer verfügte und homologiert 1238 Kilo wog. Dazu kam die auch bei Privat-Teams sehr beliebte, weil sehr nackte Variante RS, doch noch einmal 70 Kilo weniger wog und nicht einmal ABS hatte. Als Höchstgeschwindigkeit wurden 228 km/h angegeben. 5000 Exemplare sollen bis im Januar 1994 gebaut und auch tatsächlich verkauft worden sein. Und einfach, damit das klar ist: Der Subaru Impreza WRX STI kam erst 1994 auf den Markt.

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Mitsubishi Lancer Evo II
Es ging dann flott: Schon im Dezember 1993 präsentierte Mitsubishi den Lancer Evo II. Die Veränderungen waren eher geringfügig – es gab einen grösseren Heckspoiler, über die Motorhaube spannte ein ziemlich markanter Powerdome. Ein paar PS mehr gab es auch noch, der 2-Liter-Turbo (4G63) schaffte 260 PS bei 6000/min und 309 Nm maximales Drehmoment bei 3000/min. Am Fahrwerk wurde ebenfalls etwas gearbeitet. Auf der gleichen Bodengruppe (CE9A) wurden wieder zwei Versionen angeboten, die Strassenversion GSR sowie die Renn-Variante RS. Technisch gab es keine Unterschiede, der RS wurde einfach um alles, was irgendwie nach Luxus aussah, erleichtert. Und kam so noch auf 1180 Kilo, 70 Kilo weniger als der GSR. Insgesamt wurden vom Evo II wieder 5000 Stück gebaut, die Aufteilung zwischen GSR und RS ist nicht bekannt. Offiziell wurden diese Fahrzeuge nur in Japan verkauft, doch es hatte sich selbstverständlich unter den Auskennerinnen und Freaks längst herumgesprochen, welch feines Gerät der Mitsubishi war, deshalb fanden immer mehr Exemplare ihren Weg in die USA und vor allem nach England. In der Saison 1994 setzte das damals in Deutschland beheimatete Ralliart-Team den Evo II auch bei Rallye-WM ein, dies mit sehr grosszügiger Unterstützung des Werks. Grosse Stricke zerrissen die Lancer noch nicht, ein zweiter Platz bei der Safari, noch ein zweiter Platz bei der Akropolis, ein Podium in Neuseeland. Aber es kam ja dann noch ganz anders.
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Mitsubishi Lancer Evo III
Schon Anfang 1995 präsentierte Mitsubishi den Lancer Evo III. Die Veränderungen waren tiefgreifender, schon von aussen erkannte man die neue Generation an der aggressiveren Front, den grösseren Lufteinlässen (für die bessere Zufuhr zum Kühler, dem Ladeluftkühler und den Bremsen), den Seitenschwellern, neuer Heckschürze, dem riesigen Heckflügel. Auch unter der Haube gab es ein paar Änderungen, mit höherer Verdichtung und einem neuen Turbo (TDO5-16G6-7) kam der Evo III neu auf 270 PS und 309 Nm maximales Drehmoment. Wieder wurden auf der gleichen Bodengruppe (CE9A) zwei Versionen angeboten, der GSR war die bravere Strassenversion (neu mit Momo-Lenkrad), insgesamt wurden bis im August 1996 stolze 7000 Exemplare verkauft.
Dass sich die schnellen Mitsubishi so grosser Nachfrage erfreuten, hatte sicher auch damit zu tun, dass der ab Mitte des Jahres 1995 eingesetzte Evo III in der Rallye-WM schnell zum Fahrzeug wurde, das es zu schlagen galt. Im ersten Jahr gab es zwar nur einen Sieg (Eriksson in Australien), doch 1996 gewann Mäkinen in Schweden, bei der Safari, in Argentinien, in Finnland und auch noch in Australien. Ende des Jahres war er souverän Weltmeister, in der Konstrukteurs-WM reichte es Mitsubishi allerdings nur für den zweiten Rang.

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Mitsubishi Lancer Evo IV
Es wurde doch einiges anders beim Mitsubishi Lancer Evo IV. Die wichtigste Änderung war sicher, dass der Motor um 180 Grad gedreht wurde. Damit wurde in erster Linie eine bessere Gewichtsverteilung erreicht. Dazu erhielt der 2-Liter-Turbo (4G63T) einen der der ersten Twin-Scroll-Turbolader, sprich: zweistufig, was die Leistung erstens auf 280 PS bei 6500/min steigerte und zweitens das maximale Drehmoment auf 330 Nm bei 4400/min brachte. Es gab den Mitsubishi Lancer Evo IV weiterhin in zwei Versionen, RS und GSR. Der «Gran Sport Racing» war die zivilisierte Version, unterdessen 1345 Kilo schwer, auch deshalb, weil es eine Klimaanlage gab, 16-Zoll-OZ-Felgen, elektrische Fensterheber, Heckscheibenwischer (bei einer klassischen, weiterhin viertürigen Limousine) und auf Wunsch sogar ein Schiebedach. ZUm ersten Mal gab es auch so etwas wie «Torque Vectoring», bei Mitsubishi hiess das anfangs noch «Active Yaw Control». Der «Rally Sport» war dagegen nur 1260 Kilo schwer, verzichtete aber auch auf sämtlichen Komfort, kam mit dem billigen 15-Zöllern und einer kürzeren Getriebeabstufung des selbstverständlich manuellen 5-Gang-Getriebes. Elektrische Helferlein erachtete man glücklicherweise auch als unnötig. Zum ersten Mal gab es den Mitsubishi Lancer Evo auch ausserhalb von Japan zu kaufen, Australien und Neuseeland waren die ersten Märkte, die in den Genuss kamen. Es gibt Quellen, die von stolzen 10’000 Exemplaren sprechen, die vom Evo IV zwischen August 1996 und Januar 1998 verkauft worden sein sollen, doch wir halten das für eine Mär. Zu erkennen sind die Mitsubishi Lancer Evo IV ganz einfach: Vorne gab es zwei riesige Nebelscheinwerfer (beim RS nur gegen Aufpreis). Dazu kamen die neuen Hecklichter, die dann bei den späteren Modellen so typisch wurden; den RS erkennt man auch daran, dass er keine erhöhte Bremsleuchte hinten hatte. Auch der Heckspoiler wurde wieder grösser, dabei war der Evo IV eigentlich das letzte Kompakt-Modell des Mitsubishi (nach japanischer Rechnung), nur 4,33 Meter lang, nur 1,69 Meter breit.
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Mitsubishi Lancer Evo V
Der Mitsubishi Lancer Evo V wurde im Januar 1998 eingeführt und bis im Januar 1999 angeboten. Es gab ihn wieder in zwei Versionen, als zivilen GSR sowie als böseren RS. Es ging vor allem um Feinarbeit, so gab es innen endlich bessere Recaro-Sitze (im GSR). Der Motor wurde deutlich verbessert, es gab leichtere Kolben und etwas mehr Druck auf den TD05-HR-Turbolader. Die Höchstleistung verblieb bei 280 PS, das Drehmoment stieg allerdings auf 373 Nm bei 3000/min. Optisch war der Mitsubishi Lancer Evo V ganz einfach zu erkennen: Als erster Evo erhielt er doch ziemlich prominente Kotflügelverbreiterungen vorne und hinten. Dabei wurde auch die Spur verbreitert, die Felgen wuchsen von 16 auf 17 Zoll, es konnten jetzt Brembo-Bremsen verwendet werden. Weil der Evo V so doch deutlich breiter wurde, galt er in Japan nicht mehr als Kompakt-Fahrzeug – und wurde deshalb über eine Strafsteuer in Japan viel teurer. Dafür machte Mitsubishi den Heckflügel mal wieder grösser. Es gab den Mitsubishi Lancer Evo V weiterhin nur als Rechtslenker, deshalb sieht man sie in Europa (mit Ausnahme von Grossbritannien) selten. Neu war auch, dass es neben Weiss auch noch andere Farben angeboten wurden; über die Anzahl der verkauften Exemplare gibt es widersprüchliche Aussagen. 1998 war ein gutes Jahr für Mitsubishi. Zwar hatte Timo Mäkinen schon 1996 und 1997 den Fahrer-Weltmeistertitel für Mitsubishi gewinnen, doch 1998 verteidigte der Finne nicht nur seinen Titel, sondern trug auch viel dazu bei, dass die Japaner ihre erste (und einzige) Konstrukteurs-Weltmeisterschaft für sich verbuchen konnten. Mäkinen gewann fünf Läufe, zuerst noch auf dem Evo IV, ab Mitte der Saison dann mit dem Evo V. Interessant: Weil der Lancer in Europa nicht auf allen Märkten zu kaufen war, meldete Mitsubishi das Fahrzeug etwa bei der Safari oder in Grossbritannien als Carisma GT.
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Mitsubishi Lancer Evo VI
Technisch waren die Veränderungen am Mitsubishi Lancer Evo VI auf den ersten Blick nicht besonders tiefgreifend: neue Kolben, grösserer Kühler für das Öl und den Turbo. Doch dieser erhielt auch Rotorblätter aus Titan-Aluminid, dies als erstes Serien-Fahrzeug überhaupt. Die Leistung verblieb bei 280 PS bei 6500/min (natürlich waren es mehr, aber alle japanischen Hersteller kommunizierten das so), das maximale Drehmoment bei 373 Nm bei 3000/min. Von aussen ist der Evo VI leicht zu erkennen, die Nebellampen rückten ganz nach aussen. Es gab den Mitsubishi Lancer Evo VI weiterhin nur rechtsgelenkt, als GSR und als RS. Neu kam ein RS2 dazu, das war eine Mischung aus dem spartanischen RS und dem luxuriöseren GSR.
Und dann gab es den RS Sprint, aufgearbeitet vom unterdessen englischen Rennsport-Partner Ralliart, der ein paar Pfunde abnehmen durfte, dafür mit gut mehr Pferdestärken angegeben wurde: 330, mindestens.
Doch noch wichtiger war das Sondermodell «Tommi Mäkinen», das im Dezember 1999 aufgelegt wurde. Da gab es wieder eine neue Front, bessere Recaro-Sitze, ein Momo-Lenkrad, 17-Zöller von Enkei. Doch auch unter dem Blech wurde gearbeitet, das Karosse wurde tiefer gelegt, vorne gab es eine Zugstrebe, die Lenkung wurde direkter ausgelegt. Und es gab den Evo VI endlich auch: rot und blau. Dass Tommi Mäkinen gewürdigt wurde, war wirklich auch an der Zeit. Der Finne hat für Mitsubishi 1996, 1997, 1998 und 1999 dem Fahrer-Titel geholt, verhalf den Japanern 1998 zum einzigen Konstrukteurs-Titel, gewann 2000 auch noch das damals noch wichtige «Race of Champions». Er gewann mit verschiedenen Lancer-Evo-Modellen 22 WM-Läufe – und wird auf ewig der wahre Mitsubishi-Rallye-Held bleiben (auch wenn er 2016 Chef des Rallye-Programms von Toyota wurde).
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Mitsubishi Lancer Evo VII
Der Übergang von der Gruppe A zu WRC war in der Rallye-WM zwar fliessend, doch ab 2001 durfte Mitsubishi nicht mehr mit seinen Gruppe-A-Lancer antreten. Die 7. Generation des Evo basierte in der Folge auf der grösseren Plattform des Lancer Cedia, wurde deshalb auch etwas grösser (4,45 statt 4,35 Meter) und auch schwerer (1310 statt 1260 Kilo). Doch dafür gab es auch einige wichtige technische Änderungen: Es gab ein aktives Zentral-Differential, das Sperr-Differential wurde weiter verbessert und vorne schrägverzahnt. Das Drehmoment konnte auf 385 Nm erhöht werden, die Leistung verblieb offiziell bei 280 PS. Die erstaunlichste Änderung war aber wohl die Einführung des GT-A mit automatischem Getriebe. Zwar wurde diese Ausführung nur gerade ein Jahr gebaut (und erfreute sich nicht sonderlich grosser Begeisterung), doch Mitsubishi gab sich alle Mühe, den GT-A verkaufen zu können, bot eine Vielzahl an Optionen an. Zu erkennen sind die «Automaten» ganz einfach: Ihre Motorhaube verfügt über keinerlei Lufteinlässe. Ansonsten gab es weiterhin die zwei Versionen RS (karg) und GSR (luxuriös); offizielle Sonder-Modelle gab es nicht. Auf den Rallye-Pisten wandte sich das Blatt gegen Mitsubishi. Nachdem Tommi Mäkinen 2001 mit dem Evo VI noch drei WM-Läufe gewonnen hatte, wechselte der Finne auf die Saison 2002 zum Erbfeind Subaru. Und gewann gleich seine erste Rallye, Monte Carlo. Mitsubishi dagegen kam mit den Fahrern François Delecour und Alister McRae nicht mehr auf Touren, ein vierter Platz in Schweden war die beste Platzierung in jenem Jahr. 2003 reduzierten die Japaner ihr Engagement deutlich, 2004 zogen sie sich als Werk vom Rallye-Sport zurück. Doch da kam jetzt noch etwas anderes dazu: «Fast & Furious», also der zweite Teil, «2Fast, 2Furious», da fährt Paul Walker so ein Ding. Und das eröffnete eine ganz neue Fan-Gemeinde weltweit.
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Mitsubishi Lancer Evo VIII
Eigentlich begann der Kult in Europa erst mit dem Evo VIII. Denn dieser war ab 2003 erstmals auch als Linkslenker erhältlich, was den Mitsubishi endlich auch für die Fangemeinde in den USA und Europa zum Thema machte. Vorausgegangen war 2002 die Entscheidung von Subaru, den WRX STI auch in den USA anzubieten – da musste Mitsubishi einfach mitziehen, auch wenn die grossen Kämpfe zwischen den beiden Marken längst nicht mehr auf den Rallye-Pisten dieser Welt ausgefochten wurden. Es wurde richtig wild beim Evo VIII. Es gab in Japan weiterhin das Basis-Modell RS (mit 5 oder 6 Gängen), dazu den etwas luxuriöseren GSR. Dazu kamen neu die MR-Versionen, also so etwas wie «Mitsubishi Racing», die dann noch weiter verfeinert waren, Alu-Dach, Karbon-Spoiler, Bilstein-Fahrwerk, BBS-Felgen; auch davon gab es drei unterschiedliche Varianten, RS mit 5 oder 6 Gängen, GSR. Ach ja – die Farbauswahl war zum ersten Mal anständig. Doch damit war noch längst nicht genug: Über Ralliiart in England wurden zusätzlich die FQ-Version angeboten, die gröbste war der FQ400 (Bild unten) mit 411 PS und 481 Nm maximalem Drehmoment. Das komplette Fahrzeug kostete 48’000 Pfund, wog 1450 Kilo, ging in 3,5 Sekunden von 0 auf 60 Meilen und maximal 282 km/h – und war im Test von «Top Gear» mit «The Stig» am Steuer auf der üblichen Teststrecke auf dem Dunsfold Aerodrome nur eine Sekunde langsamer als der Lamborghini Murcielago. FQ steht für «f***ing quick», auch wenn Mitsubishi das selbstverständlich nie offiziell bestätigt hat. Technisch waren keine elementaren Fortschritte zu sehen am Evo VIII, er wurde wieder ein bisschen grösser (4,49 Meter). Es gab eine komplett neue Front.mit einem noch grösseren Loch in der Motorhaube. Als Antrieb diente weiterhin der legendäre 2-Liter-Vierzylinder (4G63), 280 PS, 400 Nm maximales Drehmoment; die Linkslenker waren etwas schwächer, 275 PS, schafften den Sprint von 0 auf 100 km/h in 5,1 Sekunden. Der Automat fiel wieder aus dem Programm. 2005 kostete so ein Evo VIII ab in der Schweiz ab 50’950 Franken (WRX STI ab 51’200), heute ist es schwierig, noch ein unverbautes Exemplar zu finden.
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Mitsubishi Lancer Evo IX
Als Evo IX war der Mitsubishi Lancer endgültig in Europa angekommen, die Präsentation erfolgte am gleichen Tag in Japan wie auch auf dem Genfer Auto-Salon. Das hatte sicher auch etwas damit zu tun, dass die Japaner Grosses zu verkünden hatten: MIVEC. Das war die Abkürzung für Mitsubishi Innovative Valve Timing Electronic Control System, also eine variable Ventilsteuerung. So total innovativ war das nicht, Honda konnte das schon seit Jahren, Mitsubishi bei schwächeren Motoren übrigens auch, doch für den legendären 4G63-Motor war es ein grosser Fortschritt. Auf dem Papier sah man davon nicht viel: Die Leistung stieg auf offiziell 291 PS, das maximale Drehmoment auf 392 Nm. Im richtigen Leben sank der Verbrauch allerdings deutlich, obwohl das wohl kaum je ein zentrales Anliegen der Evo-Fahrerinnen gewesen war. In der Schweiz kostete so Evo IX 2006 ab 53’450 Franken (der Subaru WRX STI war ab 53’000 Franken zu haben), als Fahrleistungen wurden 5,7 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h genannt, als Höchstgeschwindigkeit 250 km/h. Ansonsten wurde es noch komplizierter, es gab den RS (60 Kilo leichter, ohne Heckspoiler), den GT, den GSR, den MR GSR, den MR RS und auch noch eine MR-Variante von Ralliart (eigentlich nur für Japan). Für den englischen Markt kamen noch die FQ-300, FQ-320, FQ-340 und FQ-360 (mit 6-Gang-Getriebe) dazu, ausserdem der MR FQ-360 mit speziellem Fahrwerk und neuem Turbo-Lader. In den USA gab es wiederum eine andere Nomenklatur, die Übersicht ist etwas schwierig. Auch deshalb, weil die optischen Veränderungen zum Evo VIII doch eher gering waren.
Und dann war da aber noch der Kombinationskraftwagen, als Evo Wagon bezeichnet. Die gab es zwar als GT, GT-A und MR, dies aber nur für Japan. Rund die Hälfte der 2500 gebauten Exemplare wurde mit der Automatik ausgeliefert (gekoppelt mit dem Motor aus dem Evo VIII), die andere Hälfte verfügte über ein manuelles 6-Gang-Getriebe.
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Mitsubishi Lancer Evolution X
Für einmal lief es ganz anders. Während alle Lancer Evo bis zum IX mehr oder weniger tiefgreifende Weiterentwicklungen ihrer Vorgänger waren, wurde der Evolution X ein ganz neues Modell. Das begann schon damit, dass vom neuen Fahrzeug zuerst einmal zwei Concept Cars vorgestellt wurden, im September 2005 das von Omar Halilhodzic in Europa entworfene Concept-X, Anfang 2007 dann der Prototype-X. Schon im Oktober 2007 kam die zehnte Generation des Mitsubishi Lancer Evo in Japan auf den Markt. Es war so vieles anders als früher. So gab es einen neuen Motor, 4B11T, wieder mit zwei Liter Hubraum, aber jetzt komplett aus Alu. Die Leistung stieg offiziell nicht, das Drehmoment nur leicht auf 407 Nm. Doch es steckte halt viel Potenzial in dieser Konstruktion, die stärkste englische Variante – FQ, you know – kam auf 446 PS und 559 Nm maximales Drehmoment (davon gab es aber nur 40 Exemplare). Die Vielfalt an angebotenen Modellvarianten wurde endgültig unübersichtlich – so ziemlich jeder Markt hatte seine eigenen Versionen. In Japan gab es den RS (mit manuellem 5-Gang-Getriebe) und den GSR (mit dem neuen SST-6-Gang-Doppelkupplunggetriebe. Aber alle hatten sie das neu entwickelte S-AWC-Allradasystem, das auch über Torque Vectoring verfügte. Schon 2011 kamen die ersten Gerüchte auf, dass der Mitsubishi den Lancer Evolution X aus der Produktion nehmen würde – und auch keinen Nachfolger mehr planen würde. Das wurde von den Japanern dementiert, es würde Pläne geben für eine Hybrid-Version, die 2015 auf den Markt kommen würde, hiess es. Im März 2014 liess Mitsubishi dann aber verlauten, nach dem Modelljahrgang 2015 keinen Evo mehr zu bauen. Zuletzt gab es dann noch eine «Final Edition», die mit 2950 Exemplaren doch recht grosszügig ausfiel. Obwohl der Mitsubishi Lancer Evolution X eine absolute Waffe ist, hat er unter den wahren Evo-Freaks kein besonders gutes Standing; der neue Motor wurde nicht gut aufgenommen, zu viel komplizierte Technik sei im Fahrzeug verbaut.
Fotos: Bring A Trailer, Collecting Cars, Mitsubishi. Mehr interessante Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.
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