Tucatnam
Allein schon der Duft. Es riecht nach frischer Farbe, Papier, Kleber, Holz, Kaffee. Es sieht wunderbar chaotisch aus, Berge von Büchern, alle Wände vollgestellt mit Bildern, an den Türen hängen Photos, auf dem Fensterbrett türmen sich Arbeitsmappen, in den Gängen stehen Gestelle mit Hunderten von Kunstwerken. Aber wie sagt man doch so schön: Das Genie beherrscht das Chaos, Monique Baumann weiss genau, wo was ist, der blaue Stift, da, das gelbe Klebeband, dort, das Buch von Avedon, gleich unter dem von Irving Penn. Es gibt Scheren in jeder Grösse, Messer, Schneidemaschinen, dort Pinsel, da ganze Batterien von Schreibwerkzeugen. Und alles ist so wunderbar farbig, herrlich bunt, es leuchtet viel Neon, es ist verspielter als im Kindergarten – es ist genau so, wie man sich das Atelier einer international bekannten Künstlerin vorstellt. Bloss noch wilder, die ganze grosse Spielwiese eines inneren kreativen Prozesses. Handwerk, wie früher – und welch ein wunderbarer, fruchtbarer Gegensatz in einer Zeit, in der Algorithmen Pseudo-Kunst in Sekundenschnelle generieren.
Monique Baumann gehört zu den bekanntesten Schweizer Künstlerinnen, weltweit. Sie arbeitet für Louis Vuitton, Cartier, Diptyque, Birkenstock1774, Le Labo, Self Service Magazine, Tod’s, sie gestaltet Magazin-Titelbilder für Vogue oder Harper’s Bazaar, Bücher, Konzert-Plakate, ihre Collagen hängen in den bekanntesten internationalen Sammlungen. In ihren dreidimensional anmutenden Kunstwerken verwebt sie die unterschiedlichsten Stilelemente wie Malerei, Fotografie, Papier und anderen Materialien zu einzigartigen Kreationen. Baumann: «Es geht bei meinen Kreationen nicht einfach um das Zusammensetzen von Bildern. Für mich ist es eine hochkomplexe, eigene Sprache. Allein die Energie, die beim Arbeiten im Atelier entsteht, spielt dabei eine grosse Rolle. Mit all den Pinseln, Farben, Materialien und diversen Utensilien, die mich seit Jahrzehnten begleiten. Die Dynamik der Situation, Zufälligkeiten wie ein kleiner Schnipsel Papier machen einen Unterschied. Der Betrachter kennt den aufwendigen Prozess zwar nicht, die Energie wird aber trotzdem transportiert». Monique Baumann arbeitet vielseitig, ist umtriebig und ruhelos. Man will fast sagen, obsessiv gesteuert von inneren Drängen, kreative Ideen ausbrechen zu lassen und diese umzusetzen. Sie selbst bezeichnet sich als Triebtäterin, nichts scheint ihre kreativen Spontanüberholungen zu bremsen. Betrachtet man hierbei die geschichteten Karton-Collage-Malereien, so bleibt man vor diesen in unrätselbarer Schwebe stehen, will begreifen, dahinter schauen, den Schichten und Sedimenten dieser Arbeiten auf den Grund fühlen, die Geschichten dahinter entdecken, die geheimen, verborgenen Bezüge entlarven und nach aussen kehren. Monique schafft es, Wahrnehmungen, Irritationen und Assoziationen so zu lenken, dass Unsichtbares zu Sichtbarem wird. Nochmals Baumann: «Das sogenannte Unperfekte, die kreativen, intuitiven Zufälligkeiten, das Spontane, all dieses Ineinanderfliessen ist sehr wahrhaftig. Ich bin in der analogen Welt zu Hause, das macht mich und meine Kunst auch einzigartig. Es berührt den Betrachter, es macht etwas mit ihm».
In der befruchtenden Umgebung des Ateliers von Monique Baumann entstand die erste Print-Ausgabe von radical, die Künstlerin ist die Partnerin von Markus Bucher, der radical #2 gestaltet hat. Ich kenne das Paar seit Jahrzehnten, wir hatten uns kennengelernt, als wir «smart – the book» zu einem der wohl erfolgreichsten Werbemittel aller Marketing-Zeiten machten. Eigentlich wollten wir im vergangenen Jahr gemeinsam eine Zeitung für einen bekannten Koch kreieren, die Vorarbeiten dafür konnten wir dann für radical verwenden. Und da war es von Anfang an klar, dass ein Kunstwerk von Monique Baumann ein wichtiger Bestandteil sein musste – ihre Arbeit ist auch ein Sinnbild dafür, wie Bucher und ich (zusammen)arbeiten. Klassisches Handwerk, die digitalen Bilder werden ausgedruckt, in die Hand genommen, an die Wand geklebt, verkleinert, verschoben, vergrössert – es ist viel Bauchgefühl dabei, es steht immer die Ästhetik über der reinen Information. Und auch wenn manches nicht perfekt aussieht, so steckt da immer ein Gedanke dahinter. Manchmal auch nicht, es darf immer ein Spiel bleiben, an dem wir alle Freude haben wollen.
In den Bizzarrini Manta hatte sich Monique Baumann gleich beim ersten Mal verliebt, als ich ihr ein Bild von dieser grossartigen Kreation von Giorgetto Giugiaro zeigte. Nicht bloss die Farben, dieses Aqua Verde mit den orangen Akzenten, haben es ihr angetan, auch die brutale Keilform. Ihr Werk «Tucatnam» ist denn auch ein Spiel mit Farben, mit Brüchen, mit Formen, mit Schichten, es ist harmonisch und disruptiv, es ist fröhlich und ästhetisch. Und es ist käuflich, vier Exemplare als limitierte Edition, 63 x 93 Zentimeter. Der direkte Kontakt zur Künstlerin erfolgt am einfachsten über www.moniquebaumann.ch oder Instagram: baumannmonique, dort kann man auch mehr über sie erfahren, viel von ihrer Kunst betrachten. Ein paar Beispiele zeigen wir auch gerne hier:
Das Inhaltsverzeichnis plus zu radical #2: hier.
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