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Lagonda V12

Sehr, sehr edel

Walter Owen Bentley, geboren am 16. September 1888 in London, war sicher eine der ganze grossen Figuren in der Automobilgeschichte. 1919 gründete er seine Bentley Motors Ltd., 1921 stellte er sein erstes eigenes Fahrzeug vor, schon 1924 schaffte die Marke ihren ersten Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans (und konnte das zwischen 1927 und 1930 noch vier Mal wiederholen). Aber anscheinend war W.O. Bentley als Geschäftsmann nicht ganz so talentiert wie als Konstrukteur und Rennfahrer, 1931 wurde sein Unternehmen von Rolls-Royce übernommen. Bentley musste noch bis 1935 ausharren, doch als der Ire Alan Good Lagonda übernehmen konnte, fand auch Bentley eine neue Heimat.

Im Gepäck hatte er Pläne für einen Zwölfzylinder, an den er selber extrem hohe Ansprüche hatte. Nur das Beste war ihm und Stuart Tresilian, den Bentley von Rolls-Royce abgeworben hatte, gut genug, der Motorblock bestand aus Chromidium-Eisen, auch Duralumin wurde verwendet, pro Zylinderbank gab es eine über Ketten und Zahnräder angesteuerte obenliegende Nockenwelle sowie einen mächtigen SU-Vergaser, auch die Delco-Remy-Zündung arbeitete separat für jede Motorenhälfte. In einer ersten Version kam diese auch optisch sehr schöne Maschine mit 4480 cm3 Hubraum auf 180 PS bei 5500/min – eine für damalige Verhältnisse sehr hohe Leistung bei sehr hoher Drehzahl. Die der Motor aber problemlos auch auf langen Strecken aushielt, wie er bei verschiedenen Testfahrten beweisen konnte. «Nach Fahrten über viele Meilen, über verschiedene Strassen und in unterschiedlichen Wetterumständen, ist es unmöglich, nicht enthusiastisch zu sein», war in einem Bericht von «The Motor» im September 1938 zu lesen. Das hatte aber auch seinen Preis, 8900 Dollar verlangte Lagonda 1939 in den USA für seinen V12, das war doch ein Drittel mehr als für einen V16 von Cadillac. Andererseits: der Engländer schaffte locker 170 km/h – und war damit wohl das schnellste Luxus-Fahrzeug seiner Zeit. Hinten gab es eine Starrachse, vorne aber Einzelradaufhängung und an allen vier Rädern hydraulische Trommelbremsen; geschaltet wurde manuell über vier Gänge (bei anderen Modellen hatte Lagonda auch Vorwahlgetriebe eingesetzt).

Die Variante von 1939 war aber auch schon die zweite Evolutionsstufe, der Sanction 2 mit über 200 PS. Damit trat Lagonda in jenem Jahr auch in Le Mans an, obwohl das W.O. Bentley eigentlich (noch) nicht wollte, und schafften dort die Ränge 3 und 4. Doch auch sonst machten sich die Engländer, die sowieso dauernd knapp bei Kasse waren, das Leben nicht gerade einfacher: für den LG6 gab es zwei verschiedene Längen beim Radstand, beim V12 sogar derer drei. Zwar wurde auch das nackte Chassis ausgeliefert, doch die meisten Lagonda V12 wurden mit eigenen Karosserien ausgeliefert, die meisten als sehr hübsches Drophead Coupé. Inbegriffen im hohen Preis war ein hydraulisches Wagenhebersystem und ein ausklappbarer Gepäckträger, gegen Aufpreis (18 Pfund und 16 Shilling) war auch ein Philips-Radio erhältlich. Beim Fahrzeug oben handelt es sich um Chassisnummer 14062, bei jenem unten um jenes mit der Chassisnummer 14068.

Darüber, wie viele dieser Lagonda V12 in zwei Serien gebaut wurden, gibt es widersprüchliche Angaben; der sehr umtriebige Lagonda Club nennt 190 Exemplare, andernorts sind es mehr. Oder weniger. Erstaunlicherweise sind diese Fahrzeuge, die zu den edelsten Vorkriegsfahrzeugen überhaupt gehören, aber anscheinend nicht besonders gesucht, nur vereinzelt wurden Auktionsresultate im siebenstelligen Bereich erreicht. Es gibt natürlich immer auch Ausnahmen, wie etwa den einen der beiden Le-Mans-Teilnehmer von 1939 – der aber auch ein wirklich prachtvolles Exemplar ist:

Ein ganz spezielles Stück ist aber auch Chassisnummer 14115 (unten), das einzige Fahrzeug, das von Vanden Plas eingekleidet wurde. Erster Besitzer war der amerikanische Schauspieler Robert Montgomery.

Auch nett, ein Drophead Coupé von 1938, Chassisnummer 14050:

Auch nett, ein Drophead Coupé von 1939, Chassisnummer 14054:

Sehr schön: Rapide von 1939, Chassis-Nummer 14103.

Chassis-Nummer: 14107
Motoren-Nummer: 14107

Auktion: Broad Arrow, Villa d’Este 2025, Schätzpreis 600’000 bis 700’000 Euro, mit diesen Informationen: «According to research it is believed this Lagonda, chassis number 14107, was delivered to James Young Limited coachbuilders on 25 October 1938 as a short, 124-inch wheelbase Rapide specification chassis with the build records noting „no bonnet, no headlamps, „lo“ radiator shell, and no front wing assemblies.“ As noted by the Lagonda Club, from 1938 through 1940, only 190 V12 cars were produced, yet a mere 17 were the sporting Rapide models. This example has the added distinction of being equipped with the even rarer Sanction IV engine that was developed to race at Le Mans. At the hands of James Young, the car received a truly elegant and exquisitely constructed Drophead Coupe coachwork. Major Godfrey Anthony Gillson of Cornwell Manor, the car’s original owner, has been described as a real-life James Bond with his role in the British Special Forces. Upon his passing in 1944, the car was purchased by Jim Davies, the former factory manager at Lagonda. He retained the car until 1957, when it was acquired by Jim Whitehead of Australia, leaving England for the first time. Reported to have owned a total of seven V12 Lagondas in his life, this car remained in Whitehead’s collection for an impressive 58 years until it was sold in 2015, leaving Australia for New Zealand. Upon arriving in New Zealand, the car received a complete and comprehensive Pebble Beach-level restoration. The bodywork was refinished in elegant dark green, contrasting the tan Connolly leather interior. The rich walnut interior trim was refinished to an exacting standard to match the bright chrome trim found on the bumpers, radiator grille, wheel covers, belt line, and stone guards. After two years of work by Auto Restorations of Christchurch, New Zealand, the restoration was completed at a cost reported to exceed $500,000. The car was then entered into the 2018 Pebble Beach Concours d’Elegance, earning a coveted First in Class award. Following its success at Pebble Beach, the car was acquired by the current owner making a triumphant return to the United Kingdom for the first time since 1957. In a fitting tribute to its original owner, the car made a tearful return to its original home at the Cornwell Manor where the Major’s magnificent, former home serves as the stunning backdrop for the car’s catalog photos».

Kein Angst, wir beginnen nicht wieder eine unserer Sammlungen – aber wir werden uns in der Folge intensiver auseinandersetzen mit der nicht ganz so einfachen Geschichte von Lagonda. Was selbstverständlich einen guten Grund hat – andere schöne Automobile finden sich immer in unserem Archiv.

1 kommentar

  1. Christian Christian

    Die Typenschilder mit der richtigen Ölsorte für Sommer und Winter, aufgeteilt für Motor, Getriebe und Hinterachse – sehr schön und sehr praktisch, da musst nicht erst in 1000 Seiten Beriebsanleitung oder irgendeiner Ääp suchen, wo alles und nix drinsteht, suchen.
    Tolle Bilder von wirklich außergewöhnlichen Fahrzeugen.

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