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Aston Martin DB4 GT Zagato

Der Überschätzte

Aber wir müssen von vorne beginnen, der ersten Zusammenarbeit von Aston Martin und Zagato. Obwohl: Dass der Aston Martin DB4 GT Zagato heute einer der berühmtesten und begehrtesten Klassiker überhaupt ist, dafür gibt es eigentlich nicht viele gute Gründe. Denn eigentlich war das Fahrzeug Anfang der 60er-Jahre das, was man als einen Schuss in den Ofen bezeichnen darf, also ein kompletter Misserfolg. Nicht einmal die für eine erste Serie geplanten 25 Stück konnten abgesetzt werden. Und so berühmt der erste Zagato-Aston in der Folge auch wurde – sein Design war alles andere als originär oder gar originell. Schon 1959 hatte der damals erst 21jährige (und von uns sehr hoch geschätzte) Ercole Spada für Bristol den 406 S gezeichnet. Der sah bis auf wenige Details gleich aus wie der Aston: Die Rundungen bestanden bereits, auch das «Double bubble»-Dach. Doch der Bristol blieb ein Einzelstück. Die Engländer, nach diversen Wiedergeburten unterdessen wohl tatsächlich tot, hatten schon damals intensive Probleme beim Begleichen der Ausstände.

Der DB4 war 1958 auf den Markt gekommen – und die Kunden liebten den Engländer, der eine wunderbar englische Interpretation von Gran Turismo war. Die traumhafte Touring-Superleggera-Karosserie, die vordere Einzelradaufhängung und die Scheibenbremsen machten ihn auch zu einem anständigen Sportgerät. 1959 gewann Aston die 24 Stunden von Le Mans mit dem DBR1 (am Steuer: Carroll Shelby und Roy Salvadori), was den Ruhm der Marke aus Newport-Pagnell weiter mehrte. Doch die Engländer sahen schon, dass sie mit dem DB4 auf der Rennstrecke keinen Stich tun würden gegen die neuen Ferrari 250 GT, und deshalb schickten sie schon im September 1959 den DB4 GT auf die Strasse. Mit kürzerem Radstand, weniger Innenleben und folglich geringerem Gewicht stellte der DB4 GT eine gute Basis dar für Langstreckenrennen. Dies vor allem, weil der Reihen-Sechszylinder mit einer Doppelzündung, zwei Dreifach-Weber-Vergasern, schärferen Nockenwellen und einer Verdichtung von 9:1 auf stolze 302 PS kam. Es gab zudem noch grössere Girling-Scheibenbremsen, ein Sperrdifferential von Salisbury, ein enger abgestuftes Getriebe und eine verstärkte Kupplung. Doch Stirling Moss machte die sportlichen Hoffnungen von Aston Martin bei der Tourist Trophy 1959 mit einem Ferrari 250 GT zunichte, ein Rennen, dass die AM traditionell gewonnen hatten.

John Wyer, der charismatische Rennleiter von Aston Martin, traf Gianni Zagato im Frühjahr 1960 und vereinbarte mit dem Italiener, dass einige DB4-GT-Chassis nach Mailand geschickt werden sollten. Zagato hatte einen guten Namen nicht nur für schöne Fahrzeuge, sondern vor allem für leichte Wagen. Dieser Ruhm stammte allerdings noch aus den Vorkriegsjahren. In erstaunlich kurzer Zeit bauten die Italiener einen DB4 GT um, entfernten alles, was nicht unbedingt als nötig erschien, ersetzten noch so manche Stahlkomponente durch Alu. An der Karosserie selbst liess sich nicht mehr viel einsparen, der Touring-Superleggera-Aufbau des DB4 war schon erfreulich leicht. Aber rund 100 Kilo blieben auf der Strecke. Mit noch 1225 Kilo konnte das Leergewicht angegeben werden. Der Tank – 30 Gallonen, 113,6 Liter – sowie das Ersatzrad wanderten in den Kofferraum. (Kurzer Einschub: Andrea Zagato behauptet unterdessen, dass nicht Ercole Spada den Aston entworfen habe, sondern: whoever, wahrscheinlich sogar er selber, auch wenn er erst 1960 zur Welt kam. Blöd ist halt: Es gibt ganz klare Beweise für die Urheberschaft. Aber solches interessiert Zagato ja nicht, wie wir selber haben erfahren müssen: Aus dem Redaktionsalltag.)

Aber die DB4 GT Zagato – offiziell mit 314 PS (ein paar wurden da zwischen 1959 und 1960 noch gefunden), konnten auf der Rennstrecke nicht verheimlichen, dass sie ihre Karriere als Strassenfahrzeuge begonnen hatten. Sie waren trotz verkürztem Radstand (2,36 Meter) einfach zu gross (Länge 4,27 Meter, Höhe 1,27 Meter), das Chassis war eindeutig zu wenig steif, und ausserdem litten die Fahrzeuge an brutalem Übersteuern. Das erste Rennen bestritt ein DB4 GT Zagato an Ostern 1961 in Goodwood. Stirling Moss erreichte den dritten Rang hinter dem siegreichen Ferrari 250 GT – und einem «normalen» DT4 GT.

Zwei Zagato-AM erreichten aber trotzdem eine gewisse Berühmtheit auf der Rennstrecke. Diese Fahrzeuge sind bekannt als «1 VEV» (Chassisnummer 0182) und «2 VEV» (Chassisnummer 0183). Offiziell wurden sie vom «Essex Racing Stable» gemeldet, der John Ogier gehörte, doch hinter diesem Engagement steckte viel Werksunterstützung. Beide «Zagato» wurden 1961 für die 24 Stunden von Le Mans gemeldet, doch sie hatten keine Chance. Auch 1962 startete noch einmal ein DB4 GT Zagato in Le Mans (Chassisnummer 0200), doch er musste nach weniger als der Hälfte des Rennens aufgeben, weil sich die Kolben nicht mehr an ihrem angestammten Platz befanden. Wahrlich keine sportlichen Grosstaten waren das, und weil die Zagato-DB4 auch ganz schön teuer waren, blieb ihnen Anfang der 60er-Jahre der Erfolg versagt. Nur 19 Stück wurden gebaut – dann gaben Aston Martin und Zagato die Produktion auf. Obwohl Aston Martin in den folgenden Jahren auf den Rennstrecken dieser Welt keinen Blumentopf mehr gewann, die Nachfolger des DB4 nicht mehr schöner, aber dafür bedeutend schwerfälliger wurden, und obschon die V8 & Co. in den 70er- und 80er-Jahren nicht mehr gerade das waren, was man als klassische GT bezeichnen wollte, konnte die Marke ihren Ruhm und Ruf irgendwie wahren, ja sogar mehren.

So, nun kommen wir aber endlich noch zum Höhepunkt dieser Geschichte, der Sammlung der echten Aston Martin DB4 GT Zagato.

Chassis-Nummer: 0178/L

Kam 2005 bei RM Auctions in Monterey zur Versteigerung, Schätzpreis 2,9 bis 3,2 Millionen Dollar, nicht verkauft.

Chassis-Nummer: 0181/L

Das persönliche Exemplar von Dottore Elio Zagato.

Chassis-Nummer: 0183/R

Besser bekannt als «2 VEV», einer von drei DB4 GT Zagato in der ultraleichten DP209-Konfiguration. Wurde 1961/62 vom Essex Racing Stable eingesetzt, unter anderem mit Jim Clark. Dieses Fahrzeug war auch involviert in einen – nach heutiger Berechnungsart – teuersten Rennunfälle aller Zeiten. Bei der RAC Tourist Trophy in Goodwood 1962 kam Clark beim Madgwick Corner John Surtees’s Ferrari 250 GTO in die Quere, beide Fahrzeuge flogen ab – um ein paar Runden später noch Gesellschaft zu erhalten vom Ferrari 250 GT SWB von Robin Benson. 2018 von Bonhams für 10’081’500 Pfund versteigert.

Chassis-Nummer: 0186/R

2015 von RM Sotheby’s in New York für 14,3 Millionen Dollar versteigert.

Chassis-Nummer: 0188/L

Steht bei Tom Hartley Jr. zum Verkauf (Mai 2024).

Chassis-Nummer: 0190/L

Dieses Fahrzeug war von Commander James Murray bestellt worden, nach seinen ganz eigenen Vorstellung. Das Alu musste etwas dicker ausgeführt worden, er wollte ein abschliessbares Handschuhfach, den Frontgrill zeichnete er gleich selber. Und ja, seitliche Glasscheiben gab es auch noch. DB4GT/0190/L wurde vor der Auslieferung an den Commander auch tatsächlich bei einem Rennen gefahren. Roy Salvadori kam in Brands Hatch auf den zweiten – mal wieder hinter einem Ferrari. James Murray fuhr dann keine Rennen, verkaufte den Wagen 1964 nach Schweden, von dort kam der Aston Martin DB4 GT Zagato 1972 wieder zurück nach England. Danach ging er durch ganz viele Hände – und wurde 2021 für in Monterey für 9’520’000 Dollar versteigert.

Chassis-Nummer: 0199/L

Verkauft über Broad Arrow, Private Sales.

Andere Briten und Carrossiers haben wir in unserem Archiv.

4 Kommentare

  1. Beat walti Beat walti

    DB4 Zagato chassis 0193 war einige Jahre im Besitz eines am Genfersee lebenden deutschen Industriellen und wurde vor einigen Jahren an Peter Livanos in London verkauft, welcher das Auto in seine ursprüngliche hellblaue 1962er Le Mans Version mit längerer Nase zurückbauen liess.

  2. Lieber Herr Ruch, eine schöne, wahre, aber wieder einmal einen Mythos demontierende Geschichte, trotzdem ein schönes Auto, im Gegensatz zum V8 Vantage Zagato aus den Achtzigern.

    Allerdings: Die Photos unter der Fahrgestellnummer 0181/L zeigen nicht dieses Fahrzeug, sondern die 0188/L, jenen Wagen, der vor geraumer Zeit bei Hartley zum Verkauf stand.
    Die unter 0188/L angeordneten Photos zeigen wiederum das Fahrzeug von Signore Zagato, erkennbar an den spuckehäßlichen Stoßstangen.

    Frohe Weihnachten!

    • Peter Ruch Peter Ruch

      ui, danke. muss ich mir anschauen.

      • Halt zurück, lieber Herr Ruch, ich habe Unsinn geschrieben, ich verwechselte unter anderem die ganz kleinen Stoßstangen des Zagato-eigenen Wagens mit den großen Stoßstangen des Mailänder Wagens, Sie haben alles korrekt dargestellt und ich leiste Abbitte. Man sollte nur etwas schreiben, wenn man sich wirklich sicher ist…

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